Selbstgemachtes oder andere Produkte, von denen man überzeugt ist, über einen eigenen Online-Shop zu vertreiben und damit sein Einkommen aufzubessern, erscheint erst einmal als eine tolle Idee. Erfolgreiche Start-ups, ursprüngliche Schnapsideen, aus denen ein kleines Imperium entstanden ist, nebenberufliche Tätigkeiten oder Side Hustles wie man im Englischen sagt, die plötzlich mehr einbringen als der Hauptjob – wir alle kennen diese Geschichten. Warum das also nicht selbst auch versuchen? Im Internet ist schließlich Platz für alle und alles! Im nächsten Moment regen sich aber bei Vielen Zweifel: „Von meinem Produkt bin ich schon überzeugt, aber wie baue ich denn so einen Shop überhaupt, und was muss ich beachten? Ich bin doch kein Programmierer!“ Es ist vor allem die technische Umsetzung, die oft für Fragezeichen und Angst vor einem zu großen Aufwand sorgt. Die gute Nachricht aber ist, dass Aufbau sowie Weiterführung eines Online-Geschäfts nach dem ganz persönlichen Geschmack auch für weniger Tech-affine absolut machbar sind. Mit der richtigen Planung kann es jedem gelingen, solange ein paar wesentliche Punkte beachtet werden.
Am Anfang kleine Brötchen backen
Sich nicht zu überfordern, sondern alles in einem überschaubaren Rahmen anzugehen, ist zu Beginn ratsam. Ein durchdachter Start mit einer zunächst geringen Anzahl an Produkten hilft, den Überblick zu behalten. Der Produktkatalog kann dann Schritt für Schritt ausgebaut werden. Als Anfänger viel Energie und Zeit in die Erstellung einer individuell gestalteten Website zu stecken, ist ebenfalls nicht zu empfehlen. Natürlich kann ein Profi damit beauftragt werden, oft ist dafür aber kein Budget da. Heute gibt es zahlreiche Website-Baukästen, die eine schnelle und einfach zu handhabende Online-Präsenz zu verhältnismäßig geringen Kosten ermöglichen und daher gerade für Sidepreneure interessant sind. Die Ergänzung durch ein Shop-System bieten viele Anbieter gleich im Paket. Oder man belässt es bei der Website als Aushängeschild für sein nebenberufliches Business und wickelt den Produktverkauf zumindest anfangs über einen entsprechenden Marktplatz wie Amazon oder Etsy ab. Wer eine gute Idee hat, kann also schnell und unkompliziert loslegen und den technischen Aufwand klein halten. Die gewonnene Zeit kann dann für die Bearbeitung von Bestellungen oder Rechnungen genutzt werden.
Realistische Ziele setzen
Ein neues Online-Business geht in den seltensten Fällen auf Anhieb durch die Decke. Wachstum braucht Zeit. Je ehrlicher man sich mit seiner Projektidee, der vorhandenen Zeit dafür, dem Markt an sich und seinen individuellen e-Commerce-Fähigkeiten auseinandersetzt, desto besser. So wird man sich über die ersten Erfolge freuen, auch wenn sie klein sein sollten und einen die Nachfrage nicht gleich überrennt. Ein erstes Ziel kann zum Beispiel sein, ein Jahr nach dem Markteintritt einen bestimmten Tagesumsatz zu erreichen. Oder das Produktangebot um drei neue Stücke zu erweitern. Auch der Einsatz von Werbemitteln nach einer gewissen Zeit, um den Shop bekannter zu machen, ist ein respektables Ziel.
Produktrecherche muss sein
Noch vor dem praktischen Start eines Online-Unternehmens sollte, unabhängig von der Größe, sichergestellt werden, dass das Produkt nachgefragt wird. Es lohnt sich also, das Sortiment anderer Anbieter in der Nische zu recherchieren. Wird das Produkt oder ein sehr ähnliches bereits verkauft, bedeutet das, es besteht Nachfrage. Es gilt daher: Ist Konkurrenz vorhanden, ist das ein gutes Signal für ein Projekt!
Ebenfalls zu bedenken sind die Größe und das Gewicht der Produkte, die man verkaufen möchte. Kleine, leichte Gegenstände brauchen weniger Lagerraum, einfacher zu verpacken und zu verschicken sind sie obendrein. Auf Produkte wie beispielsweise Möbelstücke oder e-Roller trifft das logischerweise nicht zu. Aber auch bei größeren Produkten kann man sich sein Shop-Vorhaben erleichtern, indem man erst einmal mit einem kleinen Sortiment startet.
Ein automatisierter Online-Shop kann Zeit und Nerven sparen
Einen Online-Shop in Teilen zu automatisieren, ist insbesondere bei voller Berufstätigkeit sinnvoll. Lager- und Fulfillment-Unternehmen übernehmen die Lagerung beziehungsweise den Versand von Produkten. Sie kümmern sich nicht nur um Kommissionierung, Verpackung und Versand, sondern auch das Retouren-Management. Manche übernehmen sogar die Kommunikation mit den Kunden. Auch wenn es vielleicht nach zusätzlicher Arbeit klingt, mit einem Dienstleister zu kooperieren und dadurch außerdem Kosten entstehen, erleichtert es das Leben eines nebenberuflichen Online-Shop-Betreibers in der Regel enorm.
Outsourcing schenkt Zeit
Neben einem wachsenden Produktangebot gehört das Auslagern von Aufgaben ebenso zu den Möglichkeiten, einen Online-Shops auszubauen. Einen Freelancer mit dem Grafikdesign rund um die Produktdarstellung oder dem Verfassen von Produkttexten zu beauftragen, erspart Zeit, die für andere Aufgaben oder einfach Freizeit genutzt werden kann. Darüber hinaus beruhigt es zu wissen, dass sich jemand mit Expertise einem Bereich annimmt, von dem man selbst weniger Ahnung hat. Freelancer können über Plattformen wie beispielsweise Twago, Bloggerjobs oder Projektwerk gebucht werden. Eine weitere Option, bestimmte Aufgaben des täglichen Geschäfts von außen erledigen zu lassen, ist die Einstellung eines Virtual Assistants, kurz VA. Ein Virtual Assistant wird häufig im Kundensupport eingesetzt oder für das Bearbeiten von Bestellungen.
Vom Nebenprojekt zum Vollzeit-Business: wann den Sprung wagen?
Nicht jeder, der nebenberuflich einen Online-Shop betreibt, hat das Ziel, den Alltagsjob irgendwann an den Nagel zu hängen. Für manche aber bedeutet das eigene kleine Business im Laufe der Zeit immer mehr. Der eigene Chef zu sein und genau zu wissen, wofür man arbeitet, kann eine bereichernde und zufrieden stellende Erfahrung sein. Der richtige Zeitpunkt, sich voll und ganz auf sein Online-Geschäft zu konzentrieren, ist nicht pauschal vorherzusagen, sondern von der individuellen Situation abhängig. Es gibt jedoch ein paar Faktoren, die, sofern sie erfüllt sind, anzeigen, dass der Schritt zum Vollzeitprojekt durchaus in Betracht gezogen werden kann. Bringt der Online-Shop über einen längeren Zeitraum hinweg konstant stabile Umsätze ein, ist das definitiv ein positives Zeichen. Es kommt hier wirklich auf den Zeitraum und die Kontinuität an, ein oder zwei umsatzstarke Monate sind damit nicht gemeint. Auch der Gewinn an sich ist ein wichtiges Entscheidungskriterium. Generiert das Online-Business stetig so viel, dass nicht bloß das Geschäft am Laufen gehalten werden kann, sondern auch die Lebenshaltungskosten davon gedeckt werden können, steht der Kündigung des Hauptjobs tatsächlich nichts im Weg.
Tipps von einem erfolgreichen Sidepreneur
„Kulturmeister“ Michael entwirft Kartenquartetts zu Themen, auf die nicht jeder sofort käme – Berliner Spätis und Berühmte Kunstraube sind nur zwei Beispiele. Vor genau einem Jahr erstellt er im Rahmen eines vom Spezialisten für Websitebaukästen GoDaddy bundesweit initiierten Glücksexperiments eine eigene Website für sein Nebenprojekt. Inzwischen verkauft er die Spiele an Museumsshops, Tageszeitungen und sogar an internationale Kunden. Die Rolle als Vater hat ihn zu seinem neuesten, bald verfügbaren Kartenspiel mit dem Thema Kinderspielplätze inspiriert. Ein Jahr nach dem Schritt in die Öffentlichkeit zieht Michael eine erste Bilanz über sein neues Dasein als Sidepreneur mit hauptberuflicher Festanstellung. Tipps für Gleichgesinnte hat er auch parat.
1. Wie viele Stunden arbeitest du wöchentlich an deinem Online-Business?
Da ich eine Website ohne integriertes Shop-System habe, hält sich der technische Aufwand in Grenzen. Das Aktualisieren von Links und die allgemeine Pflege der Seite nehmen etwa zwei Stunden pro Woche in Anspruch. In das Projekt, also den Entwurf neuer Kartenspiele und Apps, investiere ich täglich eine Stunde nach Feierabend. Am Anfang habe ich natürlich viel mehr Zeit reingesteckt, mindestens 500 Stunden im ersten Jahr.
2. Über welches digitale Tool verkaufst du hauptsächlich und warum?
Bei Händleranfragen verkaufe ich quasi direkt von der Website. Alle anderen werden beim Klick auf „Jetzt bestellen“ zu meiner Kulturmeister-Shopseite auf Amazon weitergeleitet. Ich finde das Outsourcing sehr angenehm, da dort auch verpackt und verschickt wird. Langfristig plane ich allerdings schon ein eigenes Shop-System – wahrscheinlich mit WordPress.
3. Wie wirbst du für deine Website oder kommst in Kontakt mit deiner Zielgruppe?
Eigentlich nur über Facebook. Bei neuen Quartetts und speziellen Anlässen habe ich auch schon etwas Geld für Sponsored Posts in die Hand genommen. Momentan ist das aber gar nicht nötig. Ansonsten habe ich für jede Spielkarte eine eigene Website – natürlich alle SEO-optimiert!
4. Kannst du von dem Online-Geschäft leben?
Nein. Ich bin hauptberuflich als Grafiker in Teilzeit tätig. Der Dezember ist der umsatzstärkste Monat, denn meine Kartenspiele werden gerne unter den Weihnachtsbaum gelegt. Es wäre schon toll, vom Side Hustle zu leben, dazu muss aber der Produktkatalog erst noch ausgebaut werden. Ich denke eher langfristig.
5. Wie hat sich dein Blick auf das Angestelltendasein verändert?
Der Hauptjob gibt mir Sicherheit, die ich noch mehr schätze, seitdem ich Vater bin. Außerdem ist der Hauptjob, den ich schon lange mache, mittlerweile ein No-Brainer. Er entspannt mich. Dadurch kann ich mich noch besser auf das Online-Projekt fokussieren.
6. Welche Tipps gibst du Menschen, die überlegen, ein Online-Geschäft auf die Beine zu stellen?
Man sollte sich nicht in Details verirren, wie etwa Gestaltungsfragen der Website. Das kann erstmal simpel bleiben. Worauf es ankommt, ist die Produktidee an sich und die Tonalität der Website. Die muss zu einem passen. Es ist wichtig, dass potenzielle Kunden relativ einfach an die nötigen Infos kommen und sich nicht erst ewig durch die Seite klicken müssen. Ich persönlich rate außerdem zum Mut, anders zu sein, Ideen mal anders zu denken, auch hinsichtlich der Website. Besuche von Märkten und Messen sind tolle Gelegenheiten, um sich inspirieren zu lassen.
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