Mein Name ist Dominik Wenzelburger und ich war fast drei Jahre lang ein klassischer Sidepreneur – neben dem Studium startete ich ein nebenberufliches Gewerbe und baute es neben meiner Festanstellung als Wirtschaftsingenieur aus.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Wenig Risiko neben dem Studium und dem Beruf, ich konnte mich ausprobieren und unternehmerische Erfahrungen sammeln. Außerdem konnte ich meinen Horizont erweitern, was eher „unbeliebte“ aber notwendige Themen wie Steuern und Recht anbelangt.
Das Leben als Sidepreneur ist teils stressig, teils aber auch sehr erfüllend – und bei mir kam irgendwann der Punkt, an dem ich mich fragtet: Wieso eigentlich nicht in Vollzeit?
Ich stelle Dir das Geschäftsmodell vor, gebe Dir Einblicke in die Entwicklung meines Finanzportals und teile wichtige Learnings mit Dir, die ich auf meinem bisherigen Werdegang machen konnte.
Kurz zu meinem Hintergrund
- Abitur im Jahr 2014, anschließend Reisen durch Südostasien und Ferienarbeiten bis zum Studium.
- Oktober 2015 – September 2018: Studium Wirtschaftsingenieurwesen an der DHBW in Stuttgart.
- Oktober 2018 bis Dezember 2020: Angestellter Projektingenieur bei einem Automobilzulieferer.
- … und seit Januar 2021: Vollzeit-Selbständiger mit dem Finanzportal.
Die zwei Jahre nach dem Studium hatte ich einen schönen Job in einem tollen Team. Doch mit dem Ausbau des Finanzportals war mir irgendwann klar: Das hat Potenzial, um in Vollzeit betrieben zu werden. Es war keine leichte Entscheidung, aber eines Tages stand meine Entscheidung fest: Und so habe ich genau an meinem Geburtstag im Oktober 2020 gekündigt.
Wie Du Dir vorstellen kannst, waren die Reaktionen höchst unterschiedlich:
- „Na gut, wenn Sie das machen wollen. Aber wovon leben Sie dann?“
- „Geil, sowas wollte ich auch schon immer mal durchziehen.“
Dass dahinter ein Geschäftsmodell steht, das zum Zeitpunkt meiner Kündigung bereits funktionierte, war wahrscheinlich den wenigsten bewusst.
Und damit möchte ich Dir die ersten Einblicke geben:
Wie sieht das Geschäftsmodell denn aus?
Stelle Dir vor, Du möchtest Geld anlegen. Du sitzt bei einer Bank oder Sparkasse, bei einem befreundeten Makler oder bei einem der großen Finanzvertriebe in Deutschland.
Du weißt allerdings nicht so ganz, „ob Du dem Braten trauen kannst“ und möchtest Dir eine zweite Meinung einholen.
Anstatt dass Du aber einfach Deinen besten Kumpel oder Deinen Nachbarn fragst, möchtest Du eine Meinung von Menschen, die sich mit der Thematik intensiv auseinandersetzen – und am besten den ganzen Tag nichts anderes machen.
Das kann die Meinung zu einem einzelnen Fonds sein, das kann aber auch eine Meinung zu einer bestimmten Lebensversicherung, einem Bausparvertrag oder einer sonstigen Kapitalanlage sein.
Du benötigst also jemanden, der sich damit auseinandergesetzt hat und eine fundierte Meinung abgeben kann.
Und was macht der Mensch von heute? Er macht sich online auf die Suche nach Antworten!
Sagen wir, Du sitzt bei Finanzberatung XY. Du googelst also beispielsweise nach „Test der Finanzberatung von XY“ und stößt auf meine Seite – dort gibt es einen ausführlichen Artikel, in welchem der Betreiber (in dem Fall ich) sich bei XY in die Finanzberatung gesetzt hat und dadurch die Beratung und Produkte kennt. Und im Artikel ganz transparent die Konditionen und Kosten, aber genauso die Unabhängigkeit des Finanzvertriebs XY bewertet.
Dort werden die aktuellen Produkte aufgelistet, wie die Fonds in der Vergangenheit abgeschnitten haben, wie hoch die Kosten für die Geldanlage sind und so weiter.
Häufig ist es so, dass es wesentlich kostengünstigere Geldanlagen gibt als sie bei vielen Finanzvertrieben angeboten werden. Und wenn das so ist, gibt es eine Alternativ-Empfehlung.
Aber schauen wir uns das doch mal etwas konkreter und an einem Beispiel an!
Das Geschäftsmodell an einem Beispiel zusammengefasst:
Du brauchst eine zweite Meinung zur Finanzberatung XY und suchst über Google danach. Du stößt auf zahlreiche Google-Ergebnisse.
Dannach findest du die Analyse auf dem Finanzportal und liest Dir den Artikel durch.
Auf der Website wird darauf aufmerksam gemacht, dass der Finanzvertrieb eine Depotgebühr erhebt und siehst einen eingebauten Depotrechner:
Du entscheidest dich dafür, z.B. einen ETF-Sparplan über einen der gelisteten Anbieter zu starten und eröffnest über den Link im Depotrechner ein Depot – dann erfolgt eine Vergütung für mich beziehungsweise das Finanzportal als Publisher.
Dieses und ähnliche Modelle gibt es zu verschiedenen Themenbereichen und in verschiedenen Formen – das obige Beispiel ist aber ganz geeignet, um das grundsätzliche Geschäftsmodell zu verstehen.
Die Entwicklung des Finanzportals
Damit Du Dir ein Bild davon machen kannst, wie die Entwicklungen des Portals aussehen, möchte ich Dir auch hier Einblicke geben.
Finanzportal in 2018
- Das duale Studium ist stressig und trotzdem habe ich den Drang, ein eigenes kleines Projekt zu starten.
- Ich hatte mich in letzter Zeit intensiv mit dem Thema Geldanlage beschäftigt, daher steht mein Entschluss fest: Ich mache einen Finanzblog.
- Im Februar 2018 fange ich an, mir eine (nicht mal annähernd semi-professionelle, aber immerhin funktionierende) Website zu basteln.
- Ich schreibe meine ersten Blogbeiträge und merke, dass von alleine kein Traffic kommt. Daher fange ich an, den Blog im kleinen Stil zu promoten.
- Dass es im deutschsprachigen Raum bereits damals um die 400 Finanzblogs gegeben haben dürfte und es darüber hinaus unzählige andere Finanzwebsites gibt, wird mir erst nach einigen Monaten klar. Aber deshalb wieder aufhören? Kommt trotz einiger Zweifel nicht infrage..
- Vieles, was ich ausprobiere, funktioniert natürlich nicht. Entweder gibt es zu einem Themenbereich keine Nachfrage oder die Konkurrenz ist sehr stark.
- Und so kommt auch kaum Traffic auf den Blog, aber immerhin: Es gibt eine kleine Entwicklung nach oben und ich fokussiere mich auf den Bereich Suchmaschinenoptimierung.
- Gleichzeitig versuche ich mich an ersten Monetarisierungs-Möglichkeiten.
- Zum Ende des Jahres 2018 kann ich tatsächlich erste kleine Umsätze verzeichnen – das resultierte dann in einem Jahresumsatz für das Jahr 2018 von etwa 400 €. Nach Kosten steht ein kleiner Verlust.
- Stundenlohn? Frag lieber nicht, der ist ja sogar negativ.
- Aber ich hatte eine wichtige Erkenntnis gewonnen: Das Modell funktioniert und ich hatte erste Möglichkeiten gefunden, Traffic auf die Website zu bringen und den Menschen etwas anzubieten, das sie brauchten – sonst hätte es schließlich keine Umsätze geben können.
Finanzportal in 2019
- Die monatlichen Umsätze betragen zum Jahresanfang einige hundert Euro und wachsen kontinuierlich an.
- Zur Mitte des Jahres knacke ich die Grenze von 1.000 € Umsatz und komme in den vierstelligen Umsatzbereich, der zum Jahresende weiter anwächst.
- Ich erhalte immer stärkere „Signale vom Markt“ – das sind vor allem Kommentare und Aufrufzahlen. Dadurch fällt es leichter einzuschätzen, welche Dinge funktionieren und welche nicht.
- Ich tätige die ersten „größeren“ Investments, indem ich Redaktionspläne erstelle und hervorragende Texte zu Finanzprodukten von Finanzjournalisten erstellen lasse.
- Die Zusammenarbeit mit Autoren, Finanzjournalisten und Agenturen intensiviert sich. Ich bin von der Gesellschaftsform zwar weiterhin Einzelunternehmer, aber das Finanzportal ist keine One-Man-Show mehr.
- Die Umsätze wachsen weiter an – Gewinn mache ich aufs Jahr gesehen keinen, ganz im Gegenteil. Da ich stark in Texte investiere und sich gute Texte erst nach Monaten oder Jahren auszahlen. Ein guter Text hat schließlich das Potenzial, kontinuierlich über Jahre hinweg Einnahmen zu generieren.
Finanzportal in 2020
- Die Umsätze steigen weiter an und übersteigen die Kosten (inkl. Investitionen).
- Die Gewinne übersteigen in einzelnen Monaten das Ingenieursgehalt – ich verdiene einige Monate im Jahr 2020 „doppelt“.
- Ich mache mir öfter Gedanken zur weiteren Strategie und irgendwann steht sie fest.
- Kündigung beim Arbeitgeber im Oktober 2020. Keine einfache Entscheidung, aber notwendig, um meine Herausforderung anzunehmen und das Portal nach vorne zu bringen.
Finanzportal in 2021:
Am 01.01.2021 ist es soweit – ich betreibe das Projekt ab diesem Zeitpunkt in Vollzeit und bin damit den Schritt vom Sidepreneur zum Vollzeit-Selbständigen gegangen.
Hindernisse und wichtige Learnings
Wenn ich mir die oberen Punkte so durchlese, sieht die Entwicklung teils recht logisch und geradlinig aus – ich kann Dir aber versichern: Das war es keineswegs!
Denn all die kleinen (und großen) Hindernisse auf dem Weg zur Selbständigkeit gehen oft unter und die Medien bestärken das Empfinden, dass ein gutes Start-up „über Nacht“ erfolgreich wird.
Lass mich ein anschauliches Beispiel dafür machen, was ich meine – und das ist „nur“ ein Problem auf der mentalen Ebene.
Verschwendete Zeit ist keine verschwendete Zeit
Für mich war es anfangs ein großes Problem, nicht zu wissen, ob das, was ich tue überhaupt „irgendwo hinführt“ oder ob es verschwendete Zeit und Mühe ist.
- „Lohnt es sich wirklich, eine Seite aufzubauen? Das dauert ja ewig.“
- „Lohnt sich dieser Artikel? Lohnt sich jener Artikel?“
- „Ach kommt, was soll das. Selbst mit Mindestlohn wäre Dein Verdienst aktuell höher.“
Ich habe mir oft Gedanken gemacht „Was machst Du, wenn dieser Artikel nicht funktioniert. Dann hast Du ihn ganz umsonst geschrieben und hättest Deine Zeit lieber anderweitig eingesetzt.“
Ich war häufig im Zwiespalt zwischen „festem Stundenlohn“, der sicher vergütet wird und dem unsicheren unternehmerischen Stundenlohn, der niemals feststand – und es lässt sich natürlich bis heute nicht sagen, ob die Zeit für manche Artikel damals wirklich „verschwendet“ war oder ob dadurch anderweitig profitiert habe.
Beispiel: Durch das Schreiben eines Artikels habe ich mich persönlich weiterentwickelt, habe mit dem Artikel zwar nur wenige Menschen, aber dafür vielleicht einen entscheidenden Menschen erreicht oder beim Schreiben eines Artikels bin ich auf eine andere gute Idee gekommen wäre, auf welche ich ohne diesen Artikel nie gekommen wäre. Oder ich habe durch den Artikel recherchieren müssen und bin dafür auf einen anderen interessanten Themenbereich gestoßen.
Diese Unsicherheit kennt man als Angestellter nicht – schließlich wird man dort nach Stunden bezahlt und wenn mal etwas umsonst war, hat man trotzdem sein Gehalt bekommen – die Art und Weise mit der eigenen Zeit umzugehen ändert sich durch diese neue Perspektive grundlegend.
In diese neue Art zu denken musste ich mich erst einmal reinfinden – schließlich kennt man das in der klassischen Festanstellung nicht unbedingt.
Und man sollte sich weniger mit „was wäre wenn“-Gedanken aufhalten. Nichts zu tun resultiert hauptsächlich darin a) nichts zu produzieren b) noch stärker zu zweifeln und hin und her zu überlegen c) keine neuen Erfahrungen zu machen und damit d) nichts neues lernen, was einem zukünftig wieder weiterhilft.
- Unternehmertum ist ein ewiges Ausprobieren, schauen was funktioniert, erneutes Anpassen und Verfeinern …
- Hinterfragen ist gut und wichtig, aber man sollte sich durch Zweifel nicht blockieren lassen.
- Ausprobieren (ohne große Risiken) ist meistens besser als nichts zu tun – vielleicht bringen manchen Tätigkeiten zwar keinen Umsatz, aber man entwickelt sich weiter und macht es beim nächsten Mal anders.
Ich unterschreibe ganz klar, dass (wie es in einem Sidepreneur-Artikel so treffend formuliert ist): Nebenberufliches Gründen auch ein Stück Streben nach Glück ist. Ein eigenes Projekt bietet ganz andere Möglichkeiten sich selbst zu entfalten als es häufig in einer Festanstellung der Fall ist.
Trotzdem ist das Leben als Sidepreneur auch eine extreme zeitliche und persönliche Herausforderung, die man anzunehmen gewillt sein muss – und die sich häufig erst nach anstrengenden Monaten und Jahren auszahlt.
Ich hoffe, Dir haben meine Einblicke gefallen und Du kannst etwas mitnehmen – und wenn es nur die Motivation ist, etwas eigenes auszuprobieren.
Ich wünsch Dir alles Gute und viel Erfolg!
Dominik Wenzelburger – Dein Depotstudent