Hier kannst du das Interview mit Nathalie Seikritt anhören:
Ein Nebenjob, um die Anfangszeit der Selbständigkeit zu sichern
Juliane: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode des Sidepreneur Podcasts. Ich freue mich, dass dabei sein willst, wenn wir mit einer Person sprechen, die das Sidepreneur Dasein kennt und gelebt hat. Wir möchten auch darüber sprechen, warum sie als Sidepreneurin gestartet ist und ob oder wann sie Vollzeit in die Selbstständigkeit gestartet ist. Über ihre Beweggründe und ihre Entwicklung.
Nathalie Seikritt im Interview
Ich habe heute Nathalie Seikritt im Interview. Wir kennen uns, das ist vielleicht auch noch einmal ganz spannend, weil Netzwerke auch für Sidepreneure unheimlich wichtig sind, über den Shepreneur Insiderclub. Das ist ein spezielles Netzwerk für ein Online-Netzwerk für selbstständige Frauen. Dort haben wir uns kennengelernt und vernetzt. Wir haben gesehen, dass es auch Schnittmengen gibt zum Thema Sidepreneur gibt.
Hallo Nathalie, ich freue mich, dass du dir heute Zeit genommen hast und mit uns ein wenig über dein Business und über deinen Werdegang sprichst. Magst du dich einfach mal unseren Leser/innen vorstellen?
Nathalie: Das mache ich sehr gerne. Erst einmal vielen Dank dass ich heute dabei sein darf, ich freue mich sehr. Netzwerken bringt einen plötzlich bei euch in den Podcast, das finde ich total toll.
Kommunikationsdesign für Gründer
Ich bin selbstständige Kommunikationsdesignerin und arbeite und lebe in Köln. Ich arbeite allerdings nicht nur für Kunden aus Köln, sondern deutschlandweit, daher habe ich an den verschiedensten Orten wunderbare Kunden.
Ich entwickle Corporate Designs für bestehende Unternehmen, aber auch für Leute, die selber gerade gründen. Gerade weil ich selber weiß, was das für eine Herausforderung das ist, besonders wenn man im Bereich Marketing, Markenbildung und Präsentation nicht so eine große Ahnung hat. Ich hatte das große Glück, dass ich das alles selber machen konnte, weiß aber auch, wie andere damit zu kämpfen haben. Genau für diese Gründer entwickle ich ein Firmenlogo, Geschäftspapiere, Broschüren oder Webgrafiken und Facebook-Anzeigen etc. Da gibt es wenig Grenzen. Es hängt natürlich auch immer davon ab, was für ein Unternehmen man hat, denn die Bedürfnisse an Werbemitteln sind ganz unterschiedlich.
Workshops zum Thema Marketing, Markenbildung und Präsentation
Außerdem hat es sich jetzt inzwischen in meiner Laufbahn ergeben, dass ich Workshops zu dem Thema Corporate Design gebe. Das habe ich auch schon an mehreren Stellen im Shepreneur Insiderclub gemacht oder aber auch schon Gastbeiträge bei anderen Kollegen gehalten und erklärt, warum man ein Corporate Design braucht und sich auch dann schon Gedanken darüber machen sollte, wenn man noch „der kleine Gründer“ ist. Inzwischen mache ich das auch in Offline Netzwerken in und um Köln, da habe schon einige kleinere Workshops zu dem Thema gegeben, das macht sehr großen Spaß. Mal sehen, wo ich damit noch lande.
Check Up Gespräche, Beratung zum Thema Design
Ansonsten gibt es neben dem klassischen Design, das ich erstelle auch die Möglichkeit, Beratungsgespräche zu buchen. Das sind Check-Up Gespräche, bei denen man sich das Design zusammen anschaut, wenn es denn schon eines gibt, um zu sehen warum der Kunde gegebenenfalls unzufrieden ist und was man daran machen kann. Oder wenn jemand komplett ratlos ist, aber das Ganze vielleicht erstmal selber aufbauen will, kann man sich einfach zusammensetzen, um zu sehen, wie derjenige damit starten könnte.
Hochzeitspapeterie und alles was aus Papier möglich ist
Tatsächlich mache ich, weil ich ja noch nicht genug mache, auch noch Hochzeitspapeterie. Das heißt alles von der „Save the date“- Karte über die Einladung bis hin zur Tischdeko. Alles, was aus Papier herstellbar ist. Aktuell ist mein Fokus aber auf den Unternehmerkunden, mal sehen, wo sich das noch hin entwickelt. Hier überlege ich gerade, da man zum Jahresbeginn immer die Möglichkeit hat, sich um- und neu zu orientieren.
Juliane: Das ist auch immer das Spannende, dass nichts so bleibt, wie man ursprünglich gestartet ist und in jedem Jahr unheimlich viel Entwicklung, Neuorientierung und Fokussierung liegt. Von daher ist man ja eigentlich nie fertig.
Nathalie: Das stimmt.
Wer ist deine Zielgruppe?
Juliane: Magst du vielleicht etwas zu deiner Zielgruppe sagen. An wen wendest du dich konkret, also Gründer, Einzelgründer, Start-Ups oder auch mittelständische Unternehmen? Wo hast du da deine Orientierung?
Nathalie: Tatsächlich sowohl als auch. Ich habe sowohl mittelständische Unternehmen in meinem Portfolio, aber mir liegen die Gründer auch sehr am Herzen. 50/50 ist das Verhältnis nicht, es sind sogar mehr Gründer als Mittelständler. Aber beide sind meine Zielgruppe. Wobei ich mit den Mittelständlern angefangen habe. Das ist ja bei den Grafik- und Kommunikationsdesignerin oft so, dass wir auch gerne mal neben unserer Agenturtätigkeit angefragt werden, nach dem Motto: „Kannst du nicht mal für die Firma XY …“ oder man kennt irgendwen, der wen kennt …
Start neben der Agenturtätigkeit
So bin ich eigentlich gestartet. Ich hatte z. B. auch lange Zeit nebenbei einen Kunden im Allgäu, der Milchprodukte gemacht hat. Damit habe ich angefangen und dann durch die eigene Gründung gemerkt, dass da echt ein Bedarf ist.
Klar ist jeder anders aufgestellt, aber mein Angebot richtet sich auch an die Gründer, die wirklich Lust haben, sich gut zu präsentieren und die Wert darauf legen, dass sie am Ende mit ihrem Unternehmen professionell da stehen. Darin liegt eine viel größere Entwicklungsfähigkeit, als wenn man mit selbstgebastelten Sachen vorangeht und erwartet, dass man die Premiumkunden erreicht.
Wenn Du wie ein Porsche auftreten willst, dann präsentiere auch so
Ich hatte zu Beginn meiner Selbständigkeit auch einmal ein interessantes Gespräch mit einer Dame, die meinte, sie möchte sprichwörtlich den Porsche verkaufen und erreicht aber nicht die richtigen Kunden. Ich riet ihr, genauso aufzutreten, als wäre sie „der Porsche“ und nicht der kleine gebrauchte Opel Corsa. Mir ist es sehr wichtig, hier eine Unterstützung zu bieten, das macht mir unheimlich viel Spaß, dabei zu sein.
Juliane: Besonders, wenn man die Entwicklung sieht und wie die Idee aufgeht und neue Kunden anzieht. Magst du ein bisschen was über deine Selbstständigkeit erzählen? Seit wann bist du selbstständig und wie bist du gestartet? Wie war dein erstes halbes Jahr? Wie kann man sich das vorstellen?
Wenn man merkt, dass das Angestelltendasein nicht das Richtige ist
Nathalie: Das erste halbe Jahr … Es ist schwierig den tatsächlichen Startpunkt zu charakterisieren, weil das ja ein Prozess ist, der immer weiter läuft. Bei mir war es so, dass ich Mitte 2016, noch eine Agenturtätigkeit hatte, die dann aus verschiedenen Gründen auseinander gegangen ist. Ich war tatsächlich gar nicht so lange in dem Unternehmen und mir war vorab schon lange klar, dass ich mich irgendwann mal selbstständig machen möchte. Da habe ich damals für mich das Limit gesetzt: „Diesen Job machst du jetzt noch“, weil dieser zum damaligen Zeitpunkt sehr gut wirkte. Allerdings ging es dann aber doch beidseitig relativ schnell zu Ende, da ich für mich gemerkt habe, dass es nicht das Richtige ist.
Mach es jetzt, sonst machst Du es nie
Danach stand ich dann da und habe gedacht „Hm, was machst du denn jetzt? Du wolltest dich doch immer selbstständig machen“. Ich habe dann mit meinem Partner darüber gesprochen. Er meinte, dass ich das ja schon ewig machen wollte und wenn ich es jetzt nicht mache, mache ich es vielleicht nie. Man neigt ja dazu, Dinge aufzuschieben. Also dachte ich: „Warum eigentlich nicht? Jetzt habe ich endlich die Möglichkeit. “ Ich habe zu dem Zeitpunkt ALG I bezogen. Ob das jetzt unbedingt ein Glücksfall ist oder nicht, ist mal die Frage, aber es war eine ganz komfortable Situation, um zu überlegen. Ich habe mir daher viele Sachen zum Thema angehört u. a. auch Podcasts und habe verschiedene Gründerveranstaltungen in und um Köln besucht (u. a. von der IHK).
Danach habe ich mir dann gesagt „Ich mache das jetzt“. Eine Bekannte hatte mich parallel angesprochen, denn sie suchte einen Designer und dieses Gespräch war für mich tatsächlich der
Punkt, an dem ich gesagt habe „Ich mache mich jetzt einfach selbstständig und gucke, wie es läuft.“ Schließlich war es das, was ich immer machen wollte.
Ab- statt Beratung aus dem Amt
Ich habe dann mit dem Arbeitsamt gesprochen. Allerdings hielten Sie es für eher keine gute Idee, sich in einer Medienstadt wie Köln im Medienbereich selbstständig zu machen. Es gab immer wieder Kommentare, die ich auch von anderen Gründern schon oft gehört habe „Sie sind zu gut qualifiziert, sie würden jederzeit einen Job finden.“ Meine Antwort war dann „Eben weil ich so gut qualifiziert bin, möchte ich mich selbstständig machen. Wenn ich mich als nicht qualifizierter Mensch selbstständig machen würde, wäre das ja zum Scheitern verurteilt.“
Existenzgründercoaching wurde bewilligt
Das Verrückte war dann tatsächlich, dass ich mit meiner damaligen Beraterin gesprochen habe und sie meinte, es würde sich nicht lohnen, einen Antrag zu stellen und hat mir daher davon abgeraten. Es war unheimlich schwer, das Thema auf den Tisch zu bringen. Was sie mir aber ermöglicht und bewilligt hat, war dann ein Existenzgründercoaching. Rückblickend finde ich das ziemlich paradox. Das eine bekomme ich bewilligt, aber für das andere darf ich keinen Antrag stellen …
Juliane: Das ist eigenartig.
Am Anfang standen die Zahlen
Nathalie: Ja, sehr eigenartig. Aber ich habe das Existenzgründercoaching mitgenommen und es war sehr
gut. Ich habe dort eine ganz tolle Dame kennengelernt. Besonders gut war das für mich, weil ich ja aus dem Kreativbereich komme und sich die Kreativen anfangs immer sehr ungern mit Zahlen beschäftigen – mittlerweile komme ich damit sehr gut klar. Ich dachte mir damals, ich möchte jemanden, der mich fit macht. Und wollte wissen: Worauf muss ich achten? Was ist finanziell wichtig? Wie rechne ich mir aus, was ich eigentlich brauche? Dafür war das Coaching super.
Start als Freiberufler mit An- und Abmeldung
Die Dame war toll und hat mich an alles herangeführt, so dass ich wusste, wie es grundsätzlich möglich wäre und so habe ich es dann auch gemacht. Da ich als Grafikdesignerin in die Freiberuflergruppe falle und leider den Gründerzuschuss nicht bekommen habe, habe ich mir andere Optionen und Möglichkeiten überlegt. Letztlich habe ich mich dann immer bei der Arbeitsagentur an- und abgemeldet. Eine Dame aus meinem Netzwerk in Köln die selbst gegründet hat, nannte dieses Vorgehen immer ihr Stipendium. D. h. es gibt den Leistungsbezug der Arbeitsagentur und als Freiberufler hat man die Möglichkeit, sich im Fall von laufenden Projekten, komplett abzumelden. So weiß man, dass man nur für dieses Gehalt arbeitet und muss keine Verrechnungsprozesse in Anspruch nehmen.
Unlogische Verwaltungsprozesse stressen und rauben wichtige Energie
Das war der Anfang. Ich habe mir dann aber irgendwann gedacht, dass man so letzten Endes immer jemandem Rechenschaft schuldig ist. Da kamen dann abstruse Aussagen, die vergleichbar waren mit dem Existenzgründercoaching das ich bekommen habe, im Vergleich zu dem Antrag, den ich nicht stellen durfte. Man sagte mir: „Aber, sie müssen sich doch jetzt bewerben“, woraufhin ich entgegnete: „Ich melde mich doch regelmäßig ab und Ihr seht ja, das eine Entwicklung da ist. Offensichtlich muss ich das in Zukunft also irgendwann nicht mehr machen.“ Das Ganze wurde mir daher auf diesem Weg irgendwann zu stressig. Ich wollte meine Energie mehr für meine Projekte und Kunden verwenden, was ich dann auch gemacht habe.
Nebenjob um die Selbständigkeit allein aufzubauen
Rückblickend habe ich dann etwas gemacht, was nicht weniger anstrengend war, aber so etwas merkt man ja immer erst dann, wenn es soweit ist. Ich habe mir überlegt, dass ich etwas anderes als Unterstützung nebenher machen möchte. Irgendwas, wobei ich meinen Kopf nicht zu sehr anstrengen muss und noch Kraft für den Aufbau meiner Selbstständigkeit habe. So habe ich mir eine Stelle im Einzelhandel, in einem gar nicht mal so kleinen Retail-Unternehmen gesucht, das Haushaltswaren, Dekoartikel etc. verkauft.
1,5 Jahre Knochenjob im Schichtdienst
Gerade in der Anfangszeit war das nicht ohne und ich habe jetzt schon großen Respekt vor allen Menschen, die diese Jobs für immer machen müssen. Ich selbst bin froh, dass ich das nicht für den Rest meines Lebens machen muss, weil das ein echter Knochenjob ist. Tatsächlich habe ich hier aber über 1 1⁄2 Jahre durchgehalten, während ich mir nebenbei meinen Kundenstamm aufgebaut habe. Das war wirklich nicht ohne, gerade, wenn man in einem größeren Team im Schichtdienst arbeitet, wo geplant und geschaut werden muss wer wann Zeit hat. Ich hatte das Glück, dass ich ähnlich wie die Mütter im Team sagen konnte „So, passt auf. Ich habe die und die Tage, da kann ich auf keinen Fall (das waren knapp 2 Tage in der Woche). Rundherum könnt ihr mich gerne einplanen“.
Fixe Zeiteinteilung, um für Kunden verfügbar zu sein.
Ich wollte fixe Zeiten, damit ich an meinem Business arbeiten konnte und für meine Kunden, die ich bis zu diesem Zeitpunkt schon akquiriert hatte, ansprechbar war. Das war mir sehr wichtig. Es hat mal mehr und mal weniger gut geklappt. Ich musste diese Tage manchmal sehr stark verteidigen und habe mich zum Schluss auch immer mal wieder geärgert und mir gesagt, dass es das auch nicht sein kann. Ich wollte mich mehr fokussieren und langfristig war klar, dass ich irgendwann kündige, wenn es bei mir gut genug läuft. Das war dann besonders im letzten dreiviertel- bzw. halben Jahr der Fall so dass ich gar nicht mehr wusste wie ich das alles bewerkstelligen sollte.
Auf Umwegen zum Grafik(neben)job
Aktuell bin ich jetzt genau in der Umbruchphase, wo ich auf eigenen Füßen stehen will und hatte dann das große Glück, dass ich jemanden über Umwege kennengelernt habe, wo ich auch aktuell noch beschäftigt bin. Ein nachhaltiges Mode- und Lifestyle Label in Köln, für das die Inhaberin jemanden suchte, der ein paar Stunden in der Woche Grafikarbeiten und Marketing für sie macht. Das ist jetzt der Ist- Zustand. Ich bin dort weniger Stunden, als in dem vorherigen Nebenjob und es ist eine tolle Tätigkeit, bei der ich auch Referenzen für mein Portfolio sammeln kann und endlich wieder mehr Zeit habe.
Selbst- und ständig arbeiten
Ich habe davor teilweise an den Wochenenden arbeiten müssen und somit letzten Endes oft 7 Tage pro Woche. Fast jeder Selbstständige kennt das, anfangs sind die Wochenenden nicht so heilig, wie sie eigentlich sein sollten. Inzwischen sind sie es wieder weitestgehend. Ich habe viel mehr Zeit und kann schauen, wie lange ich das noch so mache und wann ich den Nebenjob kappe, je nachdem wie es sich entwickelt.
Kommunikation auf Augenhöhe
Die Dame für die ich jetzt nebenher arbeite ist ebenfalls selbstständig und macht das inzwischen seit einigen Jahren. Es ist also eine Kommunikation auf Augenhöhe, die toll ist, weil ein gegenseitiges Verständnis vorliegt und ich weiß, ich habe etwas, worin ich gut arbeiten kann, um meinen Kundenstamm weiter aufbauen, halten und organisieren zu können. Mal sehen, wo wir in ein paar Monaten landen. Entweder wird sie irgendwann auch zu meiner Kundin oder es entwickelt sich in eine völlig andere Richtung und dann stehe ich komplett auf eigenen Beinen.
Anfangs sieht es leichter aus und ein Nebenjob macht es nicht einfacher
Ich habe mir den Weg anfangs tatsächlich ein bisschen leichter vorgestellt und dann gemerkt „Oh, da steckt irgendwie ein bisschen mehr Arbeit dahinter.“ Ich dachte mir anfangs: „Ich mache diesen Nebenjob ein halbes Jahr, dann läuft der Laden.“ Wenn man dann aber noch etwas nebenher macht, ist es allerdings gar nicht so einfach.
Viele machen den gleichen Fehler mit dem Gründerzuschuss
Ich habe auch viel mit Experten und Leuten gesprochen, die mit dem Gründerzuschuss gegründet haben. Das Problem ist, dass viele oft den Fehler machen monatelang zu warten und kurz bevor der Zuschuss ausläuft, fällt Ihnen auf: „Oh, ich müsste jetzt mal ran“. Ich war mir hingegen immer durchgehend bewusst, wenn ich will, dass das funktioniert, dann muss ich auch durchgehend dran bleiben. Sonst hänge ich ewig in diesem Nebenjob drin, der für mich ja eigentlich nur Mittel zum Zweck und nicht mein Auskommen für die nächsten 10 – 15 Jahre sein soll.
Juliane: Habe ich dich richtig verstanden, den Einzelhandeljob hast du jetzt nicht mehr?
Nathalie: Den habe ich Gott sei Dank nicht mehr, nein.
Wechsel vom Nebenjob im Einzelhandel zum Grafik(neben)job
Ende letzten Jahres bin ich dann ein bisschen auf dem Zahnfleisch gegangen. Es war toll, dass so viel zu tun war, so sollte es ja auch sein. Aber der Einzelhandelsjob musste weg, denn a) hat er nichts für mich getan und zum Schluss auch fürchterlich genervt und b) war es immer das Ziel, ihn irgendwann zu kündigen.
So wie es jetzt gekommen ist, war es ein echter Glücksfall. Ich schaue wie gesagt mal, wohin sich das jetzt entwickelt, arbeite fleißig weiter an meinem Business und hoffe, dass sich alles so weiterentwickelt, wie in den letzten Monaten.
Noch eine kleine Anstellung
Juliane: Bist du bei der Frau mit dem nachhaltigen Modelabel angestellt oder ist das eine freie Mitarbeit?
Nathalie: Das ist tatsächlich noch eine Anstellung, aber nur ein paar Stunden die Woche und sehr flexibel. Ich habe die Möglichkeit, im Home Office zu arbeiten oder eben vor Ort, je nachdem, wie es gerade von den Projekten her gegeben ist. Es ist toll, da ich jetzt viel freier bin und abgesehen davon, dass ich mehr Zeit habe, kann ich mich ganz anders organisieren.
Ideal, wenn der “Nebenjob” auf Dein Business einzahlt
Juliane: Tatsächlich hört es sich auch ein bisschen so an und es wird ja auch so sein, dass dieser Job, den du nebenbei machst, sich eher auf dein Business einzahlt. Während der Einzelhandelsjob eigentlich dafür gedacht war, den Kopf auszuschalten, ein paar Sachen verräumen und Energie für andere Sachen zu haben. Allerdings hat das ja nicht funktioniert.
Nathalie: Leider nicht. Das Einzige wobei ich wirklich noch mal einiges gelernt habe und was ich auch aus den Agenturjobs kenne, weil ich die Kunden oft unabhängig betreut habe, war beim Gefühl für den Kunden. Im Einzelhandel lernt man noch einmal eine ganze Menge über Menschen und Deeskalation, wenn diese mal nicht so gut gelaunt sind. Insofern hat mir das Ganze auch etwas gebracht. Es gab hier aber immer wieder dieses organisatorische Chaos und manche haben gar nicht verstanden, was ich da „nebenbei“ eigentlich mache.
Es gibt ja auch einfach Menschen die sind angestellt und können sich gar nicht vorstellen, dass es die Möglichkeit vom Sidepreneur-Sein überhaupt gibt. Für manche Leute ist das ultraweit weg und sie können sich nichts darunter vorstellen. Es war ein bisschen anstrengend das immer wieder zu erklären und deswegen habe ich irgendwann gesagt, ich werfe das Thema jetzt ab. So wie es war, war es ja auch nicht Sinn der Sache und dann kam noch dieser Glücksfall um die Ecke und mir war klar „ich bin jetzt weg“.
Manche Menschen brauchen feste Strukturen
Juliane: Ist doch alles super gelaufen. Und tatsächlich gibt es Menschen, die können sich das einfach nicht vorstellen, weil sie ihre geplanten Strukturen brauchen und wissen müssen, wo sie jeden Morgen hinfahren und am Abend wieder zurück sind, welche Aufgaben sie zu erledigen haben, weil sie die auf den Tisch gelegt bekommen. Die können sich nicht vorstellen, dass es da neben diesem Job noch etwas anderes geben kann, was nicht Freizeit heißt, im Sinne von Sport treiben oder ins Kino gehen.
Es ist immer besser, wenn das was man tut, Spaß macht
Nathalie: Oder das man sich mit dem Job, noch mehr identifiziert als andere. Das kann ich total bestätigen. Man schaltet den Kopf nie komplett aus, man bekommt immer irgendwo Input und hört irgendwo etwas und denkt „Da schau ich mal genauer nach, das kann ich für mich auch gut nutzen“.
Wichtig ist das Gefühl, dass auch andere bekommen, wenn jemand seinen Job gerne und mit Herz macht und nicht, weil er es machen muss oder nur damit das Geld reinkommt. Es ist einfach besser, wenn man mit etwas sein Geld verdient, was einem selbst Spaß macht und wobei man nicht schon morgens denkt „Oh nein, Nicht schon wieder. Eigentlich würde ich viel lieber etwas anderes machen.“
Netzwerke mit anderen Selbständigen sind wichtig
Das fand ich auch ganz spannend und so etwas finde ich in der Community bei Shepreneur oder beim Netzwerken mit anderen Selbstständigen. Da denke ich, wir machen hoffentlich alle etwas, wo wir Spaß dran haben und nichts wo wir denken „Nein, bloß nicht“. Man kann hier viel Verständnis bei anderen Selbstständigen finden, weil jeder für seine Sache brennt. Es war für mich interessant, wie ganz andere Menschen das wahrnehmen. In meinem Freundeskreis sind zwar nur wenige selbstständig, aber sie wissen, was ich mache und sie haben dafür ein gewisses Verständnis. Das ist ja nicht überall so. Aber gerade die, die mich länger kennen sind auch echt stolz und sagen mir: „Wow, toll was du geschafft hast“.
Manchmal schaut man zurück und ist erstaunt über den eigenen Weg
Man denkt ja selbst immer „Ich habe dies und das gemacht und es könnte irgendwie noch besser sein.“ Natürlich, könnte es immer „noch besser“ sein, aber rückblickend habe ich tatsächlich zum Jahresende gemerkt, „Ja gut, du hast zwar viel Verschiedenes gemacht, aber wenn dir vor 2 1⁄2 Jahren jemand gesagt hätte, du machst mal „das“, du machst mal diese Workshops und du hast „den und den“ Kunden“, dann hättest du auch gesagt „ja, klar“. Bestimmt nicht. Insofern versuche ich immer dankbar zurückzublicken und zu sagen „Mensch, eigentlich habe ich schon eine ganze Menge geschafft“ und ich hätte damals auch nicht gedacht, dass ich heute mal an dem Punkt bin. Im Moment kann ich daher ganz zufrieden sein.
Die eigenen Erfolge feiern
Juliane: Total wichtig. Das merke ich auch immer wieder, dass man seine eigenen Erfolge durchaus mal nicht so stark beleuchtet und sagt „Ach, ist doch nichts großes“, „Ach, hab ich doch nebenbei gemacht“ „Da wollen wir nicht drüber reden“, aber tatsächlich leisten wir doch eine ganze Menge jede Woche und es ist wichtig, zurückzublicken und das mal zu reflektieren oder die Meilensteine aufzuzeigen, die man auf seinem Weg zur Selbstständigkeit genommen hat.
Warum als Sidepreneur gestartet?
Du bist ja noch in dem Sidepreneur Dasein drin. Was waren Anfang 2016 deine Gründe gewesen, eben nicht alles auf eine Karte zu setzen?
Nathalie: Tatsächlich war der ursprüngliche Grund irgendwann, nachdem ich in der Wirtschaftskrise aus dem Studium in die Werbebranche gerutscht bin, gar nicht mal unbedingt die Sicherheit. Denn damals habe ich schon gemerkt „Oh, das ist gar nicht so lustig“, in der Wirtschaftskrise ausgerechnet in die Branche zu kommen, die dann am allerwenigsten funktioniert. Eine große
Sicherheit hatte ich daher nie. Ich glaube, bei mir war es erst einmal zu verstehen, was es alles braucht damit ein Unternehmen läuft.
Der finanzielle Part ist Thema
Gerade was den finanziellen Part betrifft, denn von meiner Arbeit her bin schon sehr überzeugt davon, dass ich gute Sachen mache und, dass die Leute auch darauf anspringen. Aber dieses „Wie funktioniert Marketing“ und „Ich muss Kunden akquirieren“ waren auf jeden Fall Themen. Da ich den Gründerzuschuss nicht bekommen habe war mir klar, dass ich irgendwas machen muss, damit ich ein Fixum habe, um meine Grundkosten zu decken und dann kann ich schauen, dass ich Kunden akquiriere, Netzwerke aufbaue, um an Aufträge zu kommen.
Angestellt Sein ist auch keine Sicherheit
Sicher finde ich tatsächlich alles nicht, aber Sicherheit ist heutzutage eh ein Wort über das ich schmunzeln muss, wenn mir z. B. Festangestellte sagen „Das ist jetzt so unsicher“, dann denke ich mir: „Wenn deine Firma dich morgen kündigt, bist du, wenn du Pech hast, auch in wenigen Wochen aus dem Unternehmen raus.“ Man muss eben flexibel bleiben. Für mich war klar, ich suche mir meinen eigenen Weg und verdiene mir sozusagen meinen eigenen Gründerzuschuss, damit ich meine laufenden Kosten decken kann. Darüber hinaus akquiriere ich dann meine Kunden und schaue, wie ich mich überhaupt aufstellen muss.
Netzwerken ist das A und O
Gerade am Anfang muss man sehr viel netzwerken. Obwohl ich im Kontakt mit Menschen nie Probleme hatte, konnte ich mir allerdings erstmal gar nicht vorstellen wie das funktioniert. Wenn ich anderen heute erzähle, ich gehe auf ein Netzwerktreffen, dann denken sie, wir trinken nur gemütlich einen Kaffee und gehen dann alle wieder nach Hause. Was viele nicht wissen, ist, dass dies etwas Langfristiges ist. Netzwerken funktioniert nicht immer direkt und am selben Tag, aber in 3 Monaten kommt dann vielleicht der Top-Kunde auf dich zu, weil dich jemand empfohlen hat. Das muss man erstmal lernen.
Ein gutes privates Umfeld hilft enorm
Zum Glück habe ich auch ein gutes Umfeld: meinen Freundeskreis und meinen Partner, die immer hinter mir gestanden haben und es super finden, was ich mache. Es ist viel Wert, wenn man Leute im Hintergrund hat, die sagen „Ja, mach doch, warum nicht?“. Ich habe auch eine langjährige Schulfreundin, die völlig begeistert war, als ich das erzählt habe und meinte: „Ja, das ist doch total dein Ding, Netzwerken kannst du doch. Du machst das, das wird super“. Es ist schön, wenn einem andere das auch mal spiegeln. Sie kennt mich wirklich lange und meinte „Das wird funktionieren. Du hast das drauf und bekommst das hin.“ Und ich dachte „Eigentlich hat sie Recht.“ Das war sehr gut.
Man braucht Menschen die einen fördern und nicht abhalten
Juliane: Das ist auch total wichtig. Wenn man immer nur mit Menschen zusammen ist, die einen davon abhalten wollen und da nicht hinter stehen, werden die, wenn es einmal nicht so läuft sagen „Ja, hab ich dir doch gesagt“ oder „Ich hab es ja immer gewusst“. Man sollte sich auch mit Menschen umgeben, die eine eigene Denke haben oder eine ähnliche. Sie verstehen auch, warum du dich auf diesen Weg in die Selbstständigkeit machst und nicht mehr in einer Anstellung arbeiten möchtest.
Sich nicht mehr rechtfertigen und zu sich und seinem Weg stehen
Nathalie: Ja, das stimmt. Natürlich hat man immer mal Diskussionen mit Leuten, die das nicht verstehen, aber da diskutiere ich nicht. Ich bin einfach froh um mein Umfeld. Klar fragen meine Freunde zwischendurch auch mal, wenn sie etwas nicht verstehen „Und? Was hast du da jetzt gemacht?“, „Und? Was hast du jetzt für Kunden und was machst du genau für die?“ Aber das ist ja in jedem Berufsfeld auch so, wenn ich fest angestellt wäre. Natürlich hat man gerade für sein eigenes Fachgebiet ein gewisses Verständnis und müsste daher bei anderen immer nachfragen. Manchmal habe ich da schon das Gefühl, ich müsse mich rechtfertigen, aber arbeite sehr stark daran, das nicht mehr zu tun. Ich mache das, was ich mache aus Überzeugung und bin mir sicher, dass es so gut ist. Ich denke, da muss ich mich nicht erklären. Sie machen schließlich auch den Job, den sie machen und erklären mir auch nicht, warum sie das tun.
Kreative entscheiden sich oftmals für die Selbstständigkeit
Juliane: Du hast vorhin gesagt, Kreative entscheiden sich oftmals für die Selbstständigkeit, statt in einer Agentur zu arbeiten. Du hast dich auch dafür entschieden, was sind die Gründe? Ich könnte mir vorstellen, dass die Arbeitsinhalte recht ähnlich sind, ob jetzt für deine Kunden im direkten Kontakt oder über eine Agentur. Warum hat es dich gereizt, es nicht mehr in einer Agentur zu machen.
Nathalie: Das hat tatsächlich verschiedene Gründe. Einmal den, dass ich nicht so schöne Erfahrungen mit meinen Agenturen gemacht habe. Ich hatte ein-, zwei, da war es wirklich super und ich hatte eine tolle Zeit mit einem tollen Team, mit dem ich heute noch Kontakt habe. Und dann habe ich das Pech gehabt und bin mehrfach in Unternehmen gelandet, die mies gewirtschaftet haben. So, dass das Personal oft gewechselt hat und nach Bedarf gekündigt und schnell neu eingestellt wurde.
Wertschätzung im Job ist wichtig
Dabei finde ich, der Job des Kreativen ist einer, den man wirklich wertschätzen muss. Tatsächlich sind Grafikdesigner und Texter diejenigen, die am längsten „im Laden“ sitzen. Ich musste zum Glück nie viele Überstunden machen aber generell gilt: Wenn die Kreativen keine Ideen liefern, können die Firmen ihre Projekte nicht umsetzen. Einmal ging es mir also um Wertschätzung. Natürlich kann man seinen Alltag auch wesentlich freier gestalten, wenn man selbstständig ist, aber man muss trotzdem auch arbeiten. Für mich war eher der Gedanke „Ich will mich nicht mehr mit Kunden rumschlagen, auf die ich keine Lust habe“. Natürlich kann man, wenn man sich seine Kunden selbst aussucht, auch an Fälle geraten, bei denen es etwas schwieriger wird. Das liegt aber daran, dass wir alle Menschen sind und Menschen sind eben manchmal ein bisschen komplizierter. Aber das Meiste lässt sich lösen.
Manchmal muss man die Faust in der Tasche machen
Es gab da früher in der Anstellung Aufträge, wo du dachtest „Ich hab es jetzt 5 Mal auf dem Tisch gehabt, ich will es nicht mehr machen“, es gibt da einfach Kunden, die sind nicht zufriedenzustellen. Und du bist dann für das gesamte Personal derjenige, der es irgendwie richten muss. Das macht ja noch Spaß, wenn es ein Kunde ist, hinter dem ich total stehe und bei dem ich gern alles gebe, damit er gut da steht. Hier weiß ich aber auch, dass der Kunde dies auf seine Weise schätzt. Am Ende ist er dann glücklich und zufrieden mit meiner Leistung.
Man lernt für die Zukunft
In meinem Angestelltendasein war ich oft schon sehr frei und gleich zu Beginn die einzige Grafikerin im Unternehmen. Da hatte ich das Glück, dass ich schon früh externe Dienstleister für Projekte auswählen und buchen durfte und auch oft die Angebote mit gestaltet habe. Ich dachte mir „Das kannst du irgendwann mal gut nutzen, denn Du weißt, wie solche Prozesse funktionieren.“ Ich kenne viele Kreative in den Agenturen, die haben keine Ahnung, wie so etwas abläuft, weil sie von allem fern gehalten werden und nur ausführende Kräfte sind. Bei mir war es immer so, dass ich auch in der Kundenbetreuung mit dabei war und teilweise Aufträge allein betreut habe. Für mich war das immer sehr gut.
Ich habe auch zwischendurch mal andere Jobs gehabt, wo Berater die Kunden betreut haben. Dabei ist gerade direkte Kommunikation so wichtig. Man versteht dadurch viel besser wie eine Person tickt, was sie will und man kann den gesamten Prozess eines Projekts ganz anders steuern, wenn man selbst mit dieser Person redet. Man kann so erklären was innerhalb der Arbeit möglich ist und was vielleicht auch nicht.
Direkte Kommunikation ist wertvoll
Das ist etwas, das ich immer gern mache, da ich es sehr wertvoll finde, eine direkte Kommunikation zu haben. Besonders am Anfang wo jeder Selbstständige denkt „Ich muss jetzt jeden Auftrag annehmen“, ist es wichtig sich selbst zu sagen: „Okay, das hat mir eigentlich schon von Anfang an ein blödes Bauchgefühl gemacht“ und ein Projekt dann auch mal auszuschlagen. Da gab es in den letzten Jahren immer mal Dinge, bei denen ich gemerkt habe, dass es sich schon zu Beginn anstrengend anfühlt und es mit Sicherheit mitten im Projekt nicht besser wird. In solchen Situationen habe ich dann z. B. gesagt, dass ich keine Kapazität hätte und konnte so selbst steuern, mit dem ich arbeiten möchte und mit wem nicht.
Nicht nur vorzeigbare Projekte, aber immer gute Kunden
Bei Kreativen ist es ja auch immer so, dass wir die Sachen, die wir machen, auch mal als Referenz zeigen möchten und da gibt es dann manchmal Dinge, die verschwinden eher in der untersten Schublade. Natürlich spielt da auch die eigene Eitelkeit mit, denn ich kann ich nicht immer nur Sachen machen, die ich super schön finde. Manchmal macht man auch Dinge, die anderes Positives mit sich bringen, und wenn es nur ist, dass sie gut bezahlt werden. Aber letzten Endes habe ich jetzt die Möglichkeit Sachen zu sagen und Dinge zu machen, hinter denen ich wirklich stehe. Bei denen ich behaupten kann, ich habe mich voll reingehängt, mit dem Kunden direkt kommuniziert und kann voller Stolz sagen „DAS habe ich für diesen Kunden gemacht“ und nicht „Ich möchte nicht, dass irgendwer weiß, dass ich das gewesen bin.“ Ich möchte mich nicht mehr mit Dingen belasten, die ich selber nicht steuern kann, sondern möchte die Projekte machen auf die ich wirklich Lust habe.
Selbständigkeit: der Austausch im Team fehlt oftmals
Juliane: Was fehlt dir denn an deiner Selbstständigkeit?
Nathalie: Mir fehlt tatsächlich nicht so viel. „Geld“ könnte ich natürlich sagen, aber davon hätten wir ja gern alle mehr … Gerade als Sidepreneur ist hier natürlich noch viel Luft nach oben, aber da arbeite ich ja gerade dran. Was mir aber manchmal wirklich fehlt, ist der Austausch im Team. Gerade wenn man an etwas arbeitet oder Entwürfe hat oder nicht sicher ist, wie man an eine Sache ran gehen soll, weil Kreativität ja leider nicht immer auf Knopfdruck funktioniert. Dass man sich generell zu Sachen austauschen kann, z. B. zu bestimmten Abläufen, wie Buchhaltung, zu welchen Netzwerktreffen es sich hinzugehen lohnt etc.
Einfach der Team-Austausch. Deswegen ist es mein langfristiges Ziel das Home Office gegen eine Bürogemeinschaft zu ersetzen. Ich brauche hier schon meinen festen Arbeitsplatz, anders als im Coworking Space, weil ich auch viele Muster und andere Dinge habe, die ich zur Arbeit nutze. Das ist etwas, was ich mir langfristig wünsche, weil man sich in einer Bürogemeinschaft ganz anders austauscht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass im Coworking Space nicht so viel Austausch stattfindet. Hier möchte jeder an seinen Sachen arbeiten, was ja auch nachvollziehbar ist, denn trotz der netten Gespräche müssen wir alle unsere Projekte auch fertigstellen.
Netzwerktreffen als Austauschmöglichkeit
Deshalb gehe ich viel auf Netzwerktreffen. Es gibt in Köln ein festes Netzwerktreffen, wo ich regelmäßig hingehe und wo mittlerweile ein kleiner Kreis an Leuten ist, die immer da sind, was wirklich schön ist. Man kennt sich und kann auch mal intensiver über Themen reden, über die man mit anderen Leuten nicht direkt spricht, wenn man sie das erste Mal auf einem Netzwerktreffen kennenlernt. Ich bin außerdem sehr glücklich über meine Mastermind-Gruppe, die ich über den Insiderclub gefunden habe und die immer noch besteht. Sie ist so wertvoll, weil wir uns echt gut austauschen. Wir kommen alle aus unterschiedlichen Bereichen, was super ist, weil man dann ganz anders auf das jeweilige Business schaut. Und wenn eine von uns zwischendurch etwas hat, dann haben wir auch einen gemeinsamen Chat, in dem man z. B. einfach mal fragen oder sagen kann „Ich habe gerade das Thema XY, was meint ihr denn dazu?“ Man bekommt so echten Rat von Menschen, die das eigene Thema nachvollziehen können.
Fachnetzwerke für technische Sachen
Neben der Community habe ich online auch noch ein-, zwei reine Grafikernetzwerke, wo ich technische Sachen nachfrage. Dort ist es so, dass tatsächlich auch gar kein großer Konkurrenzkampf stattfindet. Natürlich würde ich dort nicht alle meine Entwürfe zeigen, aber wenn es allein um Technikfragen geht, oder die Frage wo ich etwas drucken lassen kann oder wer mir etwas Bestimmtes produzieren kann, dann sind diese Netzwerke super, weil man dort immer jemanden fragen kann.
Mastermind-Gruppe
Juliane: Ich bin selbst auch in der Mastermind-Gruppe, aber jede Mastermind-Gruppe läuft wahrscheinlich auch ein bisschen anders ab. Magst du vielleicht mal sagen, wie viele ihr seid und in welchem Rhythmus ihr euch trefft? Wie lange dauern solche Treffen?
Nathalie: Wir sind vier, wir waren zwischendurch tatsächlich mal zu fünft weil wir noch jemanden dazu bekommen haben, sind aber inzwischen fest vier Personen. Wir treffen uns im zweiwöchigen Rhythmus und das ist auch ganz gut so, denn in vier Wochen geht wieder so viel verloren. Durch diese zwei Wochen hat man einen ganz guten Reminder und weiß, was zuletzt bei den anderen das Thema war und vor allem, was war gerade bei einem selbst das Thema war. Wir besprechen jedes Mal unsere aktuellen Themen, d. h. was habe ich gerade „auf dem Tisch“, wo gibt es Probleme oder was möchte ich einfach mal los werden.
Ziele für das Monatsende festlegen
Wir legen auch direkt fest, was das jeweilige Ziel der Einzelnen ist. Das sind nicht unbedingt Ziele, die man in den nächsten 2 Wochen unbedingt erreicht haben muss, manchmal legen wir auch fest, was jemand z. B. zum Monatsende erreicht haben möchte. Hier wird dann auch immer wieder gegenseitig gefragt „Und, wie weit bist du jetzt mit deinen Zielen?“. Manchmal ist man dann vielleicht noch nicht so weit, manchmal hat man es geschafft oder es sind in der Zwischenzeit schon wieder ganz andere Dinge passiert. Aber es ist gut, einen objektiven Blick zu bekommen und jemanden zu haben, der einem auf die Füße tritt und ggf. sagt, „Warum hast du das jetzt noch nicht umgesetzt?“.
Einzelkämpfer brauchen den Blick von außen
Juliane: Sehr wertvoll. Besonders als Einzelkämpferin oder Einzelkämpfer ist das total wichtig, sich in regelmäßigen Abständen auszutauschen und den Blick von außen zu bekommen. In der Regel finden wir es immer toll, was wir so machen, das kann ja total am Kunden oder am Markt vorbei sein und da ist es schon toll, wenn man sich da ein bisschen austauschen kann.
Masterminds funktionieren auch remote
Nathalie: Das ist auf jeden Fall so. Wir haben letztens noch darüber diskutiert, wie lange wir uns jetzt schon zusammenfinden. Ich glaube es sind inzwischen 1 1⁄2 Jahre. Und das Gute ist, dass wir mittlerweile richtig vernetzt sind. Wir sitzen in völlig anderen Städten, zwei sitzen in Berlin, eine in München und ich in Köln. Eine von ihnen habe ich tatsächlich noch nie persönlich getroffen, aber es ist so, als würde man sich immer persönlich treffen. Wir haben einfach einen wirklich guten Draht zueinander, d. h. alle in der Runde
Man bekommt immer einen guten Tipp, auch zwischendurch
Das Gute ist, dass man auch, wenn zwischendurch mal etwas brennt, dies immer mal loswerden kann. Eine von uns vieren oder sogar mehrere hat/haben immer etwas dazu zu sagen und einen Tipp. Das ist einfach schön, dass man auch außerhalb der festen Zeit, wenn etwas brennt, mal schnell sagen kann, „Ich habe das und das Problem, sagt doch mal, wie ihr darüber denkt“. Ich hätte früher nicht gedacht, dass das so gut läuft, da ich von anderen gehört habe, bei denen das mit den Masterminds nicht so gut geklappt hat.
Auch die Chemie muss stimmen, man lernt die Menschen kennen, ohne sie zu sehen
Juliane: Da kann ich auch noch ein bisschen einhaken, weil du das eben so schön gesagt hast, zwei in Berlin, eine in München und eine davon noch nie gesehen. Bei Peter und mir ist das auch so, ich lebe bei Frankfurt und er in München. Die letzten drei Wochen war ich zwei Mal in München und einmal in Hamburg, letzte Woche haben wir uns auch wieder gesehen und das war die intensivste Zeit gemeinsam offline, seit wir die Sache machen. Also wir haben uns tatsächlich davor zwei Mal gesehen, einmal zur Gründung als es um den Start von Sidepreneur ging und einmal in Berlin und ansonsten läuft alles online und es funktioniert. Man hat wirklich das Gefühl, wenn man demjenigen gegenüber steht, den kennt man total gut. Das kann funktionieren, es funktioniert aber auch nicht mit allen. Ich kann auch verstehen wenn andere sagen, das kann ich gar nicht nachvollziehen und ich brauche es immer offline. Es kann funktionieren, je nachdem wie der Menschentyp ist und ob man sich sympathisch ist, das ist auch für eine Mastermind total wichtig, dass die Chemie auch stimmt und da kann das echt ganz super sein.
Das Internet bringt einen auf neue Wege und zu neuen Tools
Nathalie: Das ist lustig, ich wusste auch nicht, dass ihr so weit auseinander seid. Es ist wirklich ein bisschen crazy, dass man durch „dieses Internet“ wirklich mittlerweile Menschen kennenlernt und dass es darüber auch funktionieren kann. Aber natürlich auch durch Formate wie solche Videokonferenzen, wo man sich zumindest mal live sieht und auch merkt, „Ok, wie ist denn derjenige?“. Wenn man sich nur schreibt, dann weiß man das natürlich nicht. Das hätte ich damals auch nicht gedacht, dass ich da
z. B. Facebook tatsächlich als Tool dafür nutze. Es war gerade am Anfang für mich sehr wichtig, weil ich darüber so viele, tolle und interessante Menschen für mein Business kennengelernt habe. Ich wüsste heute gar nicht mehr wie das „ohne“ gewesen wäre obwohl ich damals das Potential zuerst gar nicht erkannt habe. Ich bin positiv überrascht, was sich da für Synergien ergeben haben. Es ist schon echt ein sehr spannendes Netzwerk.
Juliane: Auch, was mit Online-Kontakten passieren kann. Wie das mit Sidepreneur: Wir kannten uns nur online und haben das dann zusammen gemacht. Jetzt arbeiten wir weiter daran und schauen, was passiert. Wir haben uns jetzt öfter getroffen, aber trotz allem wird es immer so sein: Ich in Frankfurt und Peter in München. Das ist schon echt spannend, was sich da online/offline alles so entwickelt.
Internet verbindet, man braucht nur den richtigen Kanal
Um nochmal auf Hamburg und den Xing New Award zurückzukommen: wir sollten Fotos einreichen und vielleicht auch ein Video. Es gab eine kleine Präsentation aller Nominierten, damit alle im Saal eine Vorstellung davon hatten, wer da eigentlich nominiert war und wir hatten tatsächlich dadurch, dass wir ja Remote arbeiten große Probleme überhaupt Fotos zu finden. Gott sei Dank war München davor, so dass wir da noch ein paar Bilder gemacht haben, wo wir beide zusammen drauf zu sehen sind, weil es das vorher gar nicht gab. Jeder hat für sich am gemeinsamen Projekt gearbeitet.
Nathalie: Es ist aber auch schön zu sehen, dass alles trotzdem zusammenwächst über das Netz. Man diskutiert ja immer darüber, dass das Internet Fluch und Segen zugleich ist. Es ist wirklich ein großer Segen, dass man sich einfach viel besser mit Menschen connecten kann oder, dass man wirklich merkt, die Orte die weiter weg sind, sind eigentlich gar nicht so weit weg, weil man nur einen Kommunikationsweg finden muss. Dann kann man auch einen Podcast über 2 Städte machen.
Wer inspiriert Nathalie Seikritt?
Juliane: Ganz genau, ist gar kein Thema. So wie wir diesen Podcast ja auch über 2 Städte aufnehmen und uns nicht extra treffen müssen. Zum Abschluss hätte ich gerne noch eine Frage beantwortet. Wer inspiriert dich denn in deinem täglichen Tun als Selbstständige und kannst du auch Bücher empfehlen, die dir gerade zu Beginn deiner Reise geholfen haben?
Nathalie: Also das ist tatsächlich schwierig. Ich habe auch darüber nachgedacht, du hattest mir ja im Vorfeld schon mal ein paar Themen zum Nachdenken gegeben. Ich finde es immer sehr schwierig zu sagen, wer mich konkret inspiriert, weil sich das fast wöchentlich ändert, naja wöchentlich vielleicht nicht, aber es sind auch nicht immer konkrete Personen.
Keine berühmten Personen, sondern Freunde und Bekannte
Ich muss ehrlich sagen, dass z. B. meine Mastermind Kolleginnen Menschen sind, die mich sehr inspirieren. Und ansonsten sind das andere Selbstständige oder auch Freunde. Ich habe eine Freundin die ist in München und war vorher kurzfristig ein paar Jahre Kölnerin und hat ein ganz tolles Business aufgebaut, was mittlerweile super läuft. Das hat sie auch neben dem Job gemacht. Oder eben andere Kreative wo ich einfach geguckt habe, wie die das gemacht haben.
Das ist für mich auch immer noch Inspiration, einfach zu gucken wie andere das machen oder was und wie es für mich funktionieren würde. Dass man generell einen Input bekommt und sieht was alles möglich ist. Ich schaue eher bei den Menschen in meinem Umfeld, wer mich da inspiriert. Tatsächlich war am Anfang – gerade zu Beginn meiner Selbstständigkeit – mein Partner auch eine große Inspiration, da er bei gewissen Sachen wirklich gesagt hat, „Das war mir immer klar, dass du das so machen wirst“. Auch zu den Webinaren, wo ich am Anfang gesagt habe „Oh Gott“, denn ich hätte nie gedacht, dass ich mich mal vor irgendwelche Leute setze und denen erkläre, was ein Corporate Design ist. Ich glaube, wir sind alle so gestrickt. Wir müssen das auch zusätzlich noch mal von Leuten hören, die uns nicht so nahe stehen, bis wir etwas wirklich umsetzen.
Nicht unbedingt Bücher, sondern Podcasts
Bücher habe ich zu diesen Themen gar nicht so viele gelesen. Ich habe tatsächlich in der Anfangszeit sehr viele Podcasts gehört. Damals bin ich irgendwie auch auf Laura Seiler gestoßen, die zu der Zeit unglaublich viele Selbstständige in ihrem Podcast interviewt hat. Ich habe mir da diverse Geschichten von anderen Selbstständigen angehört und davon, wie sie ihr Business aufgebaut haben. Ich war super froh, weil ich erst dachte, dass es mit meinem Nebenjob eine total blöde Idee ist und merkte dann, dass es ja ganz viele andere auch machen. Euer Podcast ist mir zwischendurch auch untergekommen und ich habe gemerkt „Da gibt es ja einen ganzen Podcast zu dem Thema“. Das war insofern inspirierend, weil man alles von echten Leuten im Interview hört. Es ist einfach noch etwas lebendiger, wenn man es hört und nicht wieder ein Buch wälzen muss. Obwohl ich sehr gerne lese, aber durch die vielen Dinge die täglich anstehen eher jemand geworden bin, der Literatur mehr scannt als liest.
Das ein oder andere Buch dann aber doch
Was ich jetzt aber vor kurzem gelesen habe, ist „The big 5 for life*“. Das fand ich richtig gut, alleine zum Thema, wie wir mit Kunden umgehen. Das habe ich mir letztens auch noch einmal aufgeschrieben. Diese Erkenntnis, dass wir unsere Zeiten oft mit den Kunden verbringen, die laut Stichwort Problemkunden sind. Das hatten wir ja eben schon ausführlich, dass diese eigentlich das wenigste einbringen und die meiste Kraft kosten, während wir die tollen Kunden ein bisschen vernachlässigen. Ich habe mir das jetzt dadurch noch mal hinter die Ohren geschrieben, mehr darauf zu achten. Da gab es einige spannende Erkenntnisse. Dann habe ich viele meiner alten Firmen in dieser Philosophie wiedergefunden … Also das ist wirklich ein super wertvolles Buch, auch wenn ich es anfangs erst nicht lesen wollte, weil es „jeder“ getan hat.
Was ich außerdem super finde, da mich die ganzen Geschichten immer so inspirieren, ist das „Wie hast du das gemacht?“* – Buch von Fempress Media, davon gibt es auch schon einen zweiten Band. Einen konkreten Autor gibt es glaube ich nicht, weil da jeder seine Geschichte erzählt. Es sind 25 Frauen die ihren Lebensweg erzählen, teilweise auch Selbstständige. So etwas interessiert mich sehr und solche Geschichten finde ich spannend.
Setze die Inspirationen auch um
Ansonsten lese ich kreative Bücher, diese habe ich besonders am Anfang gelesen. Es gibt da eines von einem Kreativen, der Austin Kleon heißt: „Show your work*“. Es geht darum, die Angst abzulegen und Dinge einfach zu machen, denn im Prinzip hat man nicht wirklich etwas zu verlieren auch wenn wir das alle immer meinen … Man muss dann aber auch irgendwann ins „Machen“ kommen, denn Inspiration ist zwar ganz toll, aber wenn man sie nicht umsetzt, dann bringt es einem natürlich nichts, außer, dass man sehr viel Zeit investiert hat, um am gleichen Punkt stehen zu bleiben.
Juliane: Das ist ein tolles Schlusswort, das du gerade formuliert hast. Denn das ist es ja wirklich, wir können noch so viel lernen, uns annehmen, hören lesen und sehen, wenn wir nicht in die Umsetzung kommen, dann sind wir keinen Schritt weiter.
Ich danke dir, liebe Nathalie für dieses ausführliche Interview und für deine Einblicke in deinen Weg. Ich wünsche dir weiterhin ganz viel Erfolg, dass das so gut läuft, wie du dir das wünschst und ausmalst mit ganz vielen Wunschkunden, die dir richtig viel Freude machen.
Ich danke dir, liebe Nathalie für dieses ausführliche Interview und für deine Einblicke in deinen Weg. Ich wünsche dir weiterhin ganz viel Erfolg, dass das so gut läuft, wie du dir das wünschst und ausmalst mit ganz vielen Wunschkunden, die dir richtig viel Freude machen.
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