SP158 – Über den positiven Impact des Sidespreneurships auf den Hauptjob

In diesem Interview beleuchten wir das nebenberufliche Gründen aus zwei Perspektiven. Wir gehen der Frage nach, wie man als potentieller nebenberuflicher Gründer seinen Arbeitgeber dafür gewinnt, dass Nebenprojekt als Chance und nicht als Risiko zu sehen. Da unser Interviewpartner sowohl selbst Sidepreneur als auch Chef in Anstellung ist, wollten wir natürlich auch einmal einen Blick darauf werfen, wie ein Chef mit dem Wunsch eines Mitarbeiters umgeht, neben dem Hauptjob auch als Sidepreneur aktiv zu werden.

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Juliane: Heute habe ich Stephan Rathgeber in unseren Podcast eingeladen. Wir beide sind davon überzeugt, dass das nebenberufliche Gründen das bessere Gründen ist.

Nebenberufliches Gründen aus Sicht des Chefs

Warum wir das so sehen, darüber wollen wir uns austauschen und vor allem die verschiedenen Perspektiven des nebenberuflichen Gründens näher beleuchten: Nicht nur aus der Brille des nebenberuflichen Gründers und welche Vorteile das hat, sondern auch aus der Sicht des Chefs oder des Arbeitgebers. Welchen Vorteil hat z.B. der Arbeitgeber, wenn in seinem Team ein unternehmerischer Geist ist, der gern neben der Anstellung unternehmerisch tätig sein möchte?

Stephan Rathgeber angestellt bei Hays, den Personaldienstleister und Personalvermittler für Experten

Hallo Stephan, schön, dass du dir heute die Zeit nimmst, mit mir ein wenig über das nebenberufliche Gründen zu plaudern. Stelle dich doch bitte einmal unseren Zuhörer*innen und Leser*innen vor.

Stephan: Ich bin Stephan Rathgeber und 35 Jahre alt. Ich lebe mit meiner Familie in Erlangen. Ich arbeite entweder hier, unterwegs oder in Mannheim bei Hays. Hays ist ein spezialisierter Personaldienstleister für Experten, vor allem mit Fokus auf IT- und Engineering-Jobs.  Die deutsche Zentrale liegt in Mannheim und deshalb bin ich da auch jede Woche dort vor Ort.

Pendeln für den Job

Juliane: Du pendelst also hin und her?

Stephan: Genau, ich habe eine kleine Zweitwohnung in Mannheim. Mannheim habe ich sehr zu schätzen gelernt, obwohl es am Anfang gewöhnungsbedürftig war, sich mit dem Gedanken anzufreunden. Wenn man diesem Neuen und diesem Anderen, also einem Nebenwohnsitz, eine Chance gibt, „Sideliving“, nicht nur Sidepreneurship, folgen ganz viele wundervolle Sachen.

„Head of Digital“ bei Hays

Juliane: Was machst du dort bei Hays?

Stephan: Mein offizieller Titel ist „Head of Digital“. Mein Fokus mit dem Team, bestehend aus 15 Kollegen, ist die digitale Leadgenerierung von Kunden aus Unternehmen und Menschen, die einen Job oder ein Projekt suchen.

Diese Leads generieren wir über E-Mail-Marketing, Social Media, unsere Website und Paid Kampagnen und von dort in die Systeme von Hays weiterzuleiten und weiter zu nutzen. So wollen wir die erfolgreiche Digitalisierung der Firma Hays zu ermöglichen und unseren Teil dazu beizutragen.

Wir wollen auch in in fünf Jahren der dominante Player im deutschen Markt zu sein, wenn es um spezialisierte Rekrutierung geht. Das ist mein Auftrag und da freue ich mich jeden Sonntag schon wieder, dass bald wieder Montag kommt.

Traumjob: Sonntags schon auf Montag freuen

Juliane: Das ist ja toll, dass du das von deinem Job sagen kannst. Das können leider nicht alle von ihren Jobs behaupten. Bist du bei Hays in Vollzeit tätig?

Stephan: Ich bin bei Hays festangestellt und arbeite Vollzeit. Ich bin völlig bei dir. Es ist ein Privileg, eine Aufgabe zu haben, die einfach Freude macht. Nicht immer. Ich springe auch nicht von Flow-Erlebnis zu Flow-Erlebnis. Das wäre, glaube ich, nicht gut. Es gibt Durststrecken, es gibt miese Momente. Aber auch ganz viele tolle Momente.

Was einen Traumjob ausmacht

Unter dem Strich ist immer wieder wichtig zu erkennen: Bin ich zufrieden? Kann ich gestalten? Kann ich vertrauen? Habe ich gute Menschen um mich herum? Kann ich gesund bleiben? Da gibt es noch ein paar mehr Aspekte, je nach Fokus, die ein Mensch hat. Wenn diese Sachen eintreten und alles zutrifft, dann hat man einen Traumjob. Dann kann man sich sonntags schon auf montags freuen. Ich bin fest davon überzeugt und auch leidenschaftlicher Diskutant, wenn es um dieses Thema geht.

Juliane: Da bin ich auch absolut bei dir. Das ist was ganz Tolles, wenn einen Job hat, den man liebt. Auch ist es ein unheimlich tolles Gefühl, wenn man Menschen dabei unterstützen kann, in dieses Gefühl zu kommen bzw. die Berufung für sein Leben zu finden.

Familie, Vollzeitjob, zwei Side-Businesses

Du hörst dich sehr erfüllt an. Du hast auch erzählt, dass du eine Familie hast und Sidepreneur bist. Magst du ein wenig erzählen, was das ist? Denn es steht ja auch irgendwo im Zusammenhang mit deinem Job.

Beirat des Frankfurter Startups Candylabs

Stephan: Ich bin seit Anfang diesen Jahres im Beirat des Frankfurter Startups Candylabs. Die Firma baut digitale Produkte mit denen mittelständische und große Unternehmen in ihren Geschäftsfeldern mehr Umsatz generieren können.

Es ist nach wie vor eine Riesenehre und eine große Freude für mich, die beiden Gründer Daniel Putsche und Moritz Heimsch als Beirat gemeinsam mit Prof. Dr. Eric Schott und Ute Poprawe zu unterstützen.

Ich freue mich immer auf die Calls und Beiratsmeetings. Auch wenn sie natürlich abseits der regulären Arbeitszeit sind und im ersten Moment auch nach mehr Aufwand klingen. Das ist es zwar auch, aber es macht ganz viel Freude, Wissen zurückzugeben und neue Perspektiven zu bekommen.

Zweites Sidepreneurship Coachausbilder

Auf der anderen Seite habe ich noch ein weiteres Standbein, die sich gerade noch im Aufbau befindet. Ich baue gerade eine Coachingweiterbildung gemeinsam mit Frau Dr. Klinkhammer aus München und Dr. Hütter auf. Frau Dr. Klinkhammer ist eine erfahrene Coachingberaterin und Mediatorin. Sie hat vor langer Zeit einen Teil der HVB in der Geschäftsführung verantwortet und sich dann mit eigenen Firmen selbstständig gemacht.

Auf der anderen Seite ist Dr. Franz Hütter dabei. Er ist Neurowissenschaftler und bringt die neurobiologische Perspektive mit ein. Ich selbst bin der Praktiker. Wir drei entwickeln gerade eine Aus- und Weiterbildung zum Coach und integrieren hier sowohl den neurowissenschaftlichen als auch den digitalen Hintergrund und führen das zusammen.

Opfer bringen

Juliane: Ich frage mich natürlich, wie du das alles unter einen Hut bekommst. Dein Tag hat auch nur 24 Stunden.

Stephan: Richtig. Kein Pay-TV. Klar, der Tag hat nur 24 Stunden, auch für mich. Es gibt viele Menschen, die verschiedene Aufgaben wahrnehmen. Ich will gar nicht sagen, dass ich besser strukturiert bin.

Es ist natürlich schon so, dass man auch Opfer bringt, wenn man diesen Weg geht. Bei mir gibt es kein Netflix oder ähnliches. Ich weiß auch gar nicht, wann ich das letzte Mal am Wochenende abends feiern war.

Struktur, Fokus und Blick auf Warnsignale

Es ist schon eine Struktur drin und es ist ein erhöhter Aufwand. Für mich ist aber der Return höher als der Aufwand. Solange das so ist und mit Return meine ich nicht das Finanzielle, ist das auch der richtige Weg.

Wenn das irgendwann nicht mehr so ist und ich mich gehetzt fühle, ich anfange große Fehler zu machen, schlecht schlafe… Wir alle kennen die Symptome, wenn das richtig stressig wird, dann muss ich das ändern.

Stephans Motivation

Austausch mit Menschen

Juliane: Was ist deine Motivation, das mit der Akademie noch zu machen und im Beirat des Frankfurter Startups zu sitzen? Was gibt es dir, dich da zu engagieren?

Innovation

Stephan: Ich liebe den Austausch mit Menschen. Wir sind soziale Wesen. Das begeistert mich immer wieder. Ich brauche auch meine Momente der Ruhe, aber auch in diesen Austausch zu gehen und das auf einer tiefen Basis des Vertrauens miteinander, auch schwierige Herausforderungen zu lösen und daraus gestalten zu können. Das ist das, was mich antreibt. Probleme zu erkennen, mit dem Team gemeinsam zu diskutieren und sich eine Lösung auszudenken. Innovativ zu sein, wie man heute modern sagt.

Äußere Wertschätzung

Aber auch die Wertschätzung von außen ist ein Antreiber für mich. Wenn ich dann sagen kann, dass wir jetzt die Akademie auf die Beine gestellt haben und dann auch die Wertschätzung von außen bekommen. Natürlich auch von mir selbst natürlich und auch von den Menschen um mich herum. Das motiviert mich sehr.

Von Nebentätigkeiten im Hauptjob profitieren

Juliane: Würdest du behaupten, dass dein Arbeitgeber davon profitiert, dass du noch nebenberuflich aktiv bist?

Stephan: Ja, 100 %.

Juliane: Kannst du das ein bisschen beschreiben? Was nimmst du aus deinen nebenberuflichen Projekten mit in den Hauptjob?

Fähigkeiten aktivieren, die sonst brach liegen

Stephan: Das eine ist,  dass ich in meinen Nebentätigkeiten nicht dasselbe wie in meinem Hauptjob mache. Ich lerne immer dazu und aktiviere andere Fähigkeiten. Neu Erlerntes kann ich im Hauptjob mit einbringen. Ich persönlich wachse daran, in einem Beirat mit Ute Poprawe zu sitzen. Sie hat Jahre lang große Unternehmen geführt. Von ihren Erfahrungen zu lernen und mit ihr zu diskutieren, unterstützt mich auch dabei mein Selbstbewusstsein aufzubauen.

Lernmomente aus dem Side-Business vorteilhaft für Geschäftsideen im Hauptjob

Das alles kann ich mit in meinen Hauptjob einbringen, aber natürlich aber auch neue Geschäftsideen, weil ich in anderen Branchen und anderen Geschäftsfeldern arbeite.

Wenn wir uns einmal in der Akademie mit dem Thema Aus- und Weiterbildung auf einem hochklassigen Level beschäftigen, dann ist das natürlich total relevant, wenn ich das ins Professional Sourcing und Recruiting mit einbringe. Auch hier wird sich dieser Markt in Richtung Lernen und Weiterbildung immer mehr entwickeln.

Juliane: Wir wollen nachher noch ein bisschen darauf eingehen, wie man seinem Arbeitgeber am besten mitteilt, dass man sich nebenberuflich selbstständig machen möchte.

Lass uns jetzt noch einmal darüber reden, was du als die großen Vorteile im nebenberuflichen Gründen siehst. Wir haben eingangs erwähnt, dass wir meinen, dass das nebenberufliche Gründen das bessere Gründen ist.

Stephan: Ob es am Ende des Tages das bessere Gründen ist, das kann ich nicht beantworten. Noch nicht.  Der Aufbau eines Sidebusinesses ist ja nicht dafür da, um die Miete zu bezahlen. Man darf nicht vergessen, dass es ist auch ein Faktor ist, um potenziell Geld zu verdienen, oder andere ökonomische Einflussfaktoren zu bekommen. Das ist aber nicht der Hauptfaktor.

Geldverdienen sollte nicht der Haupttreiber sein

Das ist gerade eines der riesigen Werttreiber von nebenberuflichen Gründen: Ich bin nicht davon abhängig, dass meine nebenberufliche Selbständigkeit meine Miete bezahlt oder eben nicht. Das habe ich mit meinem Hauptjob. Der ist dafür da, dass ich mein Leben finanzieren kann.

Effekte finanzieller Unabhängigkeit beim Side-Business

Wenn ich mich jetzt auf den Beirat und auf die Akademie beziehe, bin ich nicht davon abhängig, dass dieses Unternehmen Candylabs in dessen Beirat ich aufgenommen wurde, weiterbesteht und ganz viel Geld abwirft und ich dadurch meine Rate bezahlen oder einmal in den Urlaub fahren kann.

Freiheit

Es ist ein Riesen-Asset, dass ich unabhängig bin. Dadurch bin ich freier und kann anders denken, außerhalb dieses Korsetts von Politik und ökonomischen Zwängen.

Für den Satz „Ich muss zur Arbeit“, was wir in Deutschland immer wieder gerne sagen, gibt es witzigerweise keinen anderen Begriff. Jeder kennt diese Frage von seinen Freunden am Wochenende „Und, musst du am Montag auch wieder arbeiten?“. Es gibt gar keinen anderen Satz, selbst wenn man diesen positiv meint. Vielleicht noch „Gehst du am Montag auch wieder arbeiten?“

Ausleben von Kreativität und Unterschiedlichkeit

Vom „Müssen“ bin ich befreit in meinem Sidepreneur-Business. Da kann ich alles ausleben, was mich so bewegt, an Kreativität und an Unterschiedlichkeit. Ich kann hier Themen einbringen, die ich vielleicht in meinem Dailyjob nicht so einfach einbringen kann. Wo ich mich vielleicht auch nicht traue, mich von dieser Seite zu zeigen.

Bei mir sind alle drei Tätigkeiten irgendwie miteinander vernetzt. Aber es könnte ja auch sein, dass ich das Yogastudio neben dem Hauptjob habe. Oder eine Reitfarm oder ich züchte Superbienen. Ich kann auch etwas ganz anderes sein, wo ich mich als Mensch wieder wundervoll ergänze. Das ist für mich das begeisternde am Sidepreneur-Sein.

Gründe für ein Sidepreneurship

Ich finde es auch klasse, dass diese Bewegung immer größer wird und dieses Wort existiert. Damit wir aus dieser Schiene kommen des „Naja, das macht man dann, um irgendwie den zweiten oder dritten Job noch zu haben, um mehr Geld zu verdienen“. Darum geht es hier ja nicht.

Verwirklichung und geringes Risiko

Juliane: Genau. Es geht primär darum, irgendetwas zu verwirklichen: eine Idee, einen Wunsch oder einen Traum. Wo man sagt „Das wollte ich immer einmal machen. Ich versuche das jetzt einfach“. Ich habe nicht das Risiko oder ich muss nicht All-In gehen. Ich bin sicher durch meinen Hauptjob, der bezahlt mir meine Miete und ich kann meine Idee einfach testen.

Oder eben „Ja, ich möchte sehen, ob ich zum Unternehmer geboren bin. Ich teste das aus.“ Ohne Zeitdruck. Man hat vor allen Dingen mehr Zeit. Man hat mehr Zeit im Sinne von „Es muss nicht gleich durch die Decke gehen“, weil man in drei Monaten unbedingt die Miete davon bezahlen muss. Es darf wachsen.

Erfolg kann auch Zufriedenheit sein

Stephan: Ich möchte gerne ergänzen, dass man sagen kann, es muss nie durch die Decke gehen. Solange ich damit einverstanden bin und damit zufrieden bin, dass ich in einem Angestelltenverhältnis beispielsweise bin und bleibe. Vielleicht mal das Unternehmen wechsele oder so. Es kann klein bleiben, solange es mir Zufriedenheit gibt und mir diese Kreativität erlaubt, mich als kompletter Mensch zeigt. Das sind für mich die Themen, die gerade ganz wertvoll sind.

Side-Business-Ziele

Juliane: Es ist die Frage, mit welchem Ziel man dieses Side-Business startet. Hat man den Traum oder den Wunsch irgendwann den Hauptjob, die Anstellung aufzugeben? Oder ist es tatsächlich so, dass man dann nur einer anderen Leidenschaft nachgehen möchte?

Ist es völlig in Ordnung, dass man z.B. zwei bis drei Yogakurse in der Woche gibt am Abend, aber trotzdem tagsüber im Büro sitzt? Das kann wirklich ganz unterschiedlich sein. Vielen gibt es schon so viel zurück, ihr Wissen nebenberuflich z.B. an Startups, andere Gründer, Mütter etc. weiterzugeben. Aber trotzdem ist ihnen der Hauptjob total lieb und sie mögen es sehr, dort zu arbeiten. Da gibt es ganz unterschiedliche Motivationen.

Siehst du denn Grenzen? Wir haben es schon ein ganz klein wenig angedeutet. Wann macht es nicht unbedingt Sinn, nebenbei zu starten?

Grenzen vom Side-Business

Stephan: Ich sehe auf den ersten Blick zwei große Grenzen. Das eine ist, dass es nicht mit meinem Hauptjob in massive Konkurrenz treten darf. Das zweite ist, dass es aus meiner Sicht nicht zu lasten der eigenen Gesundheit gehen darf und zwar körperlich, aber auch emotional.

Diese Grenzen sehe ich spontan. Wie empfindest du das?

Juliane: Ja, das auf jeden Fall. Man sollte seinen Hauptjob definitiv weiterhin gut machen. Den Urlaub nicht dafür nutzen, um sein Side-Business voranzubringen. Regenerationsphasen sind definitiv wichtig.

Beispiel zur Nicht-Vereinbarkeit eines Side-Businesses

Es gibt natürlich auch Businessformen, wo es einfach schlecht funktioniert. Wir hatten eine Gründerin im Interview, die Craftbeer gebraut hat. Sie kam aus dem Hamburger Raum und arbeitete aber mit einer süddeutschen Brauerei zusammen.

Abgesehen davon, dass es ziemlich schnell sehr gut funktionierte mit ihrem Bier war es schwierig, zeitlich alles unter einen Hut zu bekommen: Die Gespräche mit den potenziellen Abnehmern konnte sie nicht neben ihrem Hauptjob führen. Restaurants, Bars usw. haben Zeit mit ihr zu sprechen, wenn ihr Geschäft selbst geschlossen ist. Zu dieser Zeit saß die Interviewpartnerin aber im Büro ihres Hauptjobs. Als Side-Business passte diese Form der Gründung einfach nicht.

Hier kannst du dir das Interview mit Nathalie von Von Freude anhören oder nachlesen.

Es bahnte sich relativ schnell an, dass es keinen Sinn macht, die Anstellung weiter zu behalten.

Stephan: Sie hat dann ihren Job aufgegeben, um Craftbeer erfolgreich zu machen?

Juliane: Ganz genau. Sie hat den Hauptjob gekündigt und hat sich voll auf ihr Bier konzentriert.

Sidepreneur und angestellter Chef in einem

Am Anfang hast erzählt, dass Du bei Hays angestellt arbeitest und dort ein Team leitest. Auf der einen Seite bist du selbst Sidepreneur aus Überzeugung, weil du etwas zurückgeben und neue Dinge lernen möchtest. Du bist aber auch Chef in Anstellung. Möglicherweise hast du in deinem Team auch Menschen, die nebenberuflich starten wollen oder sogar schon nebenberuflich selbständig sind. Hast du diese Spezies Mensch in deinem Team? Oder ist das nur eine Vermutung meinerseits?

Stephan: Ich musste echt nachdenken, als ich diese Frage gelesen habe, die du mir im Vorfeld geschickt hattest. Ich habe nur gedacht „Ach du grüne Neune. Du weißt es gar nicht einmal“.  Wenn ich zurück im Office bin, werde ich definitiv einmal nachfragen. Ich weiß es von ein paar Leuten. Es gibt z.B. eine Yogalehrerin oder einen Onlinemarketing-Freelancer. Er arbeitet bei uns im Team.

Freiberufler im eigenen Unternehmen

Eine freiberufliche Kommunikationsberaterin haben wir hier bei Hays mit an Bord oder auch einen Datafind Manager, der bei uns ist, aber auch in anderen Organisationen freelanct. Tatsächlich hat mich deine Frage zum Nachdenken gebracht. Ich werde mal dezidierter nachfragen, wie das eigentlich so ist.

Das Thema ist noch gar nicht so hoch auf der Agenda, auch für mich. Das Thema Familie, wie ist da die Situation bei Kollegen und Mitarbeitern schon. Darüber reden wir viel. Das bekommt man meisten alles so mit. Aber so etwas Wichtiges, ob jemand noch andere Aufgaben, Jobs, Side-Businesses hat, darüber sprechen wir bisher wenig.

Stephan unterstützt Sidepreneurship

Juliane: Angenommen, jemand kommt nach deinem Urlaub auf dich zu und sagt „Hi Stephan. Ich wollte etwas fragen. Ich habe da so eine Idee, ich möchte mich gerne nebenberuflich selbstständig machen, mit der und der Sache.“ Wie würdest du damit umgehen?

Stephan: Ich wäre sehr verlockt, das inhaltlich zu diskutieren. Macht das überhaupt Sinn usw.. Deswegen würde ich mich jetzt wahrscheinlich in der Rolle als Verantwortlicher für die Head of Digital bei Hays erst einmal herausnehmen. Das würde ich vielleicht zum Mittagessen oder After Work diskutieren. Wenn ich jetzt sehe, da will jemand Craftbeer brauen. Macht das echt Sinn, das nebenberuflich zu machen?

Firma grundsätzlich positiv eingestimmt

Grundsätzlich ist es so, dass wir bei der Firma Hays diese Option schaffen, wenn es denn irgendwie zusammenpasst. Ich glaube, darüber würde sich auch das Gespräch drehen. In welcher Form hast du dir das vorgestellt? Was bedeutet das für deinen Dailyjob? Wie viel Zeit wird das in Anspruch nehmen? Was möchtest du dabei lernen? Was möchtest du zurück einbringen? Hat es Auswirkungen auf deinen Urlaub? Musst du deinen regulären Tagesablauf dafür unterbrechen, weil z.B. immer montags 15:30 Uhr der Kurs beginnt oder so.

Ich glaube das sind Sachen, die wir miteinander besprechen müssen. Anschließend werden wir sagen „Hey, auf der Basis ist das völlig gut und in Ordnung.“ Dann gibt es sicherlich immer noch eine vertragliche Grundlage, die Erlaubnis.

No-Go: Side-Business im Geschäftsfeld des Hauptjobs

Wir haben auch klare rechtliche Sachen drin. Ich kann jetzt nicht bei Hays arbeiten und mich als Headhunter nebenberuflich selbstständig machen. Im selben Geschäftsfeld unterwegs zu sein ist für uns ein No-Go. Das ergibt aber auch Sinn, denke ich.

Dann setzt man das auf, was ca. eine halbe Seite Vertragskonstrukt bedeutet. Es unterschreiben beide und der Personalbereich. Dann ist es gut.

Vorteile durch Mitarbeiter mit Side-Business?

Juliane: Du hast es jetzt schon ein bisschen angedeutet. Klar du willst natürlich, dass der Job bei dir im Team nicht darunter leidet. Du möchtest nach Möglichkeit nicht, dass der/die Mitarbeiter/in sich in eine Idee stürzt, die vielleicht nicht unbedingt Sinn macht. Aber welchen großen Vorteil siehst du darin? Für dich als Chef, wenn da jemand unternehmerisch nebenberuflich tätig werden möchte?

Stephan: Wenn jemand soweit ist und diesen Schritt wählt, dann macht er den, weil er wirklich für ein Thema brennt, weil er da echt Bock darauf hat. Wenn es jetzt nur darum gehen würde, vielleicht abends für Uber zu fahren, um noch ein paar Euro mehr zu verdienen, dann müsste man sicherlich ein anderes Gespräch führen. Grundsätzlich ist aber auch das für mich fein.

Side-Business: Mittel zur Mitarbeiterbindung

Wenn jemand soweit ist, dass er wirklich sagt, ich möchte das Sidepreneurship jetzt machen, dann ist der positive Umgang damit für mich auch eine klassische Retention-Maßnahme. Ich binde ihn damit ja auch ans eigene Team und Unternehmen, indem ich ihm gestatte , dass er neben dem Angestelltenverhältnis noch andere Tätigkeiten hat.

Ich glaube, das ist für Arbeitgeber in einem War of Talent, gerade in den Bereichen, in denen ich jetzt unterwegs bin, in denen es um Digitalisierung geht, kein Geheimnis, dass die Menschen mit Skills vielfach gesucht werden.

Mitarbeiterzufriedenheit als Förderer der unternehmerischen Arbeit

Aber natürlich kommen auch weitere Aspekte mit rein, wie menschliche Zufriedenheit. Wir sprechen immer über Mitarbeiterzufriedenheit. Aber es geht doch eigentlich darum, dass der Mensch zufrieden ist. Wenn der Mensch, der einen Teil seiner Zeit zufrieden bei uns verbringt, aber den anderen Teil nicht zufrieden ist, weil er seinem Traum, bleiben wir mal dabei, die Superbienen mit Holundersträuchern zu züchten, nachgehen kann.

Diese menschliche Gesamtzufriedenheit bringt er dann wieder ins Unternehmen zurück. Alle im Sidepreneurship erlernten Skills bringt er wieder mit in die Organisation. Das schaltet er nicht ab, wenn er ins Office eintritt. Das sollten wir anerkennen und vielleicht auch gezielt zu fragen, was kann ich ihm zukünftig für Projekte geben, die sogar eine Verbindung haben zu dem, was er als Sidepreneur gerade lernt?… zum Thema Organisation, Struktur, Methode, … Dann hat das sogar einen direkten positiven Impact. Da gibt es eine ganze Latte von positiven Faktoren, die ich sehe.

Sidepreneur-Dasein braucht Raum

Juliane: Super, dass du das noch einmal die Zufriedenheit ansprichst. Wenn der Mensch zufrieden ist, sowohl mit dem Job als auch mit seinem Leben drumherum, dann leistet er bessere Arbeit. Dem Sidepreneur-Dasein auch Raum zu geben, kann sich sehr positiv auf den Hauptjob auswirken. Statt zu sagen „Nein, du darfst das nicht“, dann geht die Motivation total in den Keller.

Was wäre denn so dein ultimativer Tipp für Menschen, die jetzt gerade darüber nachdenken, sich nebenberuflich selbstständig zu machen. Die vielleicht auch so ein bisschen damit hadern, ihren Chef oder ihre Chefin darauf anzusprechen, dass sie eine Idee haben?

Skepsis des Vorgesetzten akzeptieren

Stephan: Ich kann erst einmal nachvollziehen, dass jemand vor diesem Gespräch Respekt hat. Das hatte ich auch. Das muss ich ganz ehrlich sagen, als ich das das erste Mal bei meinem Vorstand angesprochen habe. Es bringt immer dieses Thema mit: „Oh, da ist jemand auf dem Absprung“ und auch einen Loyalitätskonflikt.

Beschäftigt er sich mit anderen Themen mehr als mit denen, die für uns relevant sind? Was passiert, wenn man im Job die ersten größeren Fehler macht oder ähnliches? Ist das dann gleich inhaltlich verknüpft, dass die Person nebenbei andere Projekte hat? Alle diese Gedanken spielen dabei eine große Rolle.

Ich will Sidepreneur sein, nicht weil ich selbstständig davon leben möchte, sondern weil ich etwas neben dem Angestelltenverhältnis ausleben möchte. Diese Gedanken sind erst einmal total relevant und es ist auch für sich selber wichtig, das anzuerkennen. Wenn man seine/n Chef/in anspricht, sollte man diesen Aspekten Raum geben. Erkenne an, dass diese Gedanken auch einem Manager, Chef, Teamleiterin, egal wem kommen.

Gut vorbereitet ins Personalgespräch gehen

Wenn man das anerkennt und dem Raum gibt, dann ist schon viel gewonnen. Dazu dann der ultimative Tipp, auch wenn es langweilig klingt: Ähnlich wie bei Gehaltsgesprächen, bereite dich einfach gut vor.

Höre ein paar Podcastepisoden zum Thema Sidepreneurship und arbeite die ganzen positiven Aspekte von deiner konkrete Sidepreneur-Idee heraus. Mach deine Ideen vielleicht sogar quantifizierbar, was du wieder Positives in die Organisation einbringst. Wenn du ein grundsätzlich gutes Verhältnis zu deinen Teammanagern hast, wird das auch durchgehen, wenn du gut vorbereitet bist.

Juliane: Das ist es tatsächlich. Man sollte von sich und seiner Idee überzeugt sein. Wenn man dann auch noch zeigt, was es Positives für das Unternehmen hervorbringt und vielleicht auch auf den möglichen Gegenwind vorbereitet ist und Bedenken ausräumen kann, dann kann es nur gut werden und funktionieren.

Chancen nutzen – Verhandeln

Stephan: Absolut. So etwas fällt ja nicht vom Himmel. Wir wissen was für Themen uns interessieren. Wir haben schon oft darüber nachgedacht oder mit Freunden diskutiert, mit dem Partner, „Mensch, das und das würde ich gerne machen. Ich möchte abends gerne 1x die Woche als Discjockey arbeiten“. Das beschäftigt uns, es fällt ja nicht vom Himmel.

Ich kann auch die Chance einfach nutzen, wenn ich den Job oder das Team wechsele. Wenn ich einen Karriereschritt mache oder wenn ich ein großes Projekt oder in der Projektarbeit viel erfolgreich abgeliefert habe, dann bin ich in einem Möglichkeitsfenster – Windows Opportunity -, wo ich doch etwas fordern kann. Mit guter Begründung dann einfach eine Freigabe reinverhandeln. Sagen „Hey, ich würde gerne, ich weiß noch nicht genau was oder genau wann, aber vielleicht in einem Jahr oder so, möchte ich mich zu dem Thema xy auch als Sidepreneur betätigen. Kannst du mir denn die Freigabe geben?“ Dann kläre ich das mit der Personalabteilung, schreibe da etwas hinein und habe das schon einmal da.

Genehmigung ohne Zeitdruck einholen

Das kann ich auch machen, ohne, dass ich den Druck habe zu sagen „Hey Chef, ich brauche jetzt die Freigabe. Bitte unterschreiben.“ Und wenn er/sie dann Nein sagt, habe ich ein Problem. Dann läuft es auf einen Konflikt hinaus. So kann ich das in Ruhe vorbereiten und in einem guten Möglichkeitsfenster, wenn eben die Chance gerade da ist, ansprechen und nachfragen. Machen, wenn es soweit ist.

Juliane: Auch ein ganz neuer Blickwinkel, den du jetzt am Ende eingebracht hast. Das schon zu verhandeln, wenn es noch gar nicht so „akut“ ist.

Stephan, ich danke dir. Das hat richtig Spaß gemacht, beide Seiten zu beleuchten, sowohl aus der Sicht des Sidepreneurs und des Menschen, der gerne nebenberuflich etwas vorantreiben möchte, als auch aus der Perspektive des Chefs.

Es ist ganz wichtig, dass die Menschen zufrieden und glücklich sind mit ihrem Leben. Sie können dann einen besseren Job machen. Der Side-Businessjob kann massiv dazu beitragen.

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Redaktion

Juliane Benad

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